Erhard Eppler wurde am 9. Dezember 1926 in Ulm geboren und wuchs in Schwäbisch Hall auf. Als Gymnasiast wurde er zum Krieg eingezogen. Später studierte er Englisch, Deutsch und Geschichte, promovierte und arbeitete als Gymnasiallehrer. Von 1961 bis 1976 war er SPD-Bundestagsabgeordneter und hatte weitere Parteiämter. Von 1968 bis 1974 war er zudem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Von 1968 bis 1984 war er Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und zweimal Kirchentagspräsident. Eppler hat zahlreiche Bücher veröffentlicht.
Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der EKD, würdigte Eppler anlässlich seines Geburtstages als einen Vordenker der öffentlichen Verantwortung der Kirchen. "Wir sind dankbar für sein Lebenswerk. Das Ziel, die tiefe Kluft der Chancen zwischen Nord und Süd zu überwinden, hat ihn nicht ruhen lassen", sagte Schwaetzer am Donnerstag.
Immer einen Schritt früher als andere
Der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July würdigte Eppler als einen vorausschauend politisch denkenden Christen. In seiner am Mittwoch in Stuttgart veröffentlichten Gratulation schreibt July an den Jubilar, vom ihm könnten Menschen "die politische Dimension des Glaubens lernen".
Eppler zeige, wie Christen in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Arbeitswelt ihren Dienst tun könnten im Sinne des reformatorischen "Priestertums aller Gläubigen". July dankte Eppler für seinen Dienst für die Kirche auf unterschiedlichen Ebenen. Auch beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart im vergangenen Jahr habe er wieder sehr viele Menschen angesprochen.
Mit seiner geschärften Wahrnehmung habe Erhard Eppler die Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und des Friedens sowie der Privatisierung der Gewalt immer einen Schritt früher als andere der Politik, der Gesellschaft und der Kirche vorgelegt, schrieb der Bischof. Diese Fragen zu beantworten werde die Aufgabe der Zukunft sein, "damit künftige Generationen leben können".
Erhard Eppler selbst äußerte sich in der "Stuttgarter Zeitung" (Donnerstagsausgabe) über Populismus. Den Erfolg von Rechtspopulisten sieht er in einer zunehmenden Abwertung der politischen Arbeit begründet. "Im Populismus steckt ein Stück Politikverachtung, die aus den verschiedensten Quellen gespeist wird", sagte er. Politiker wie Donald Trump, Nigel Farage oder Marine Le Pen lebten von der "langsam aufkommenden Politikverachtung, die sich im Begriff Establishment konzentriert".
Zudem zeigten sich immer neue politische Aufgaben, für die es keine schnellen Lösungen gebe. "Vielleicht wird es auch objektiv schwieriger, zu regieren", sagte der SPD-Politiker. "Wenn jetzt noch der raue Ton im Internet hinzukommt, kann man rasch Wähler gewinnen."
Er bezweifle aber, dass der Zuspruch der Rechtspopulisten dauerhaft sein wird. "Was die deutsche Demokratie angeht, bin ich nicht pessimistisch. Das halten wir aus." Die deutsche Politik sei in den letzten Jahren handwerklich nicht schlechter geworden, sondern es habe an überragenden Figuren gefehlt: "Ein Willy Brandt, ein Helmut Schmidt oder auch ein Helmut Kohl auf seine Weise hat den Deutschen mehr Sicherheit gegeben, als es Angela Merkel gelingt", sagte Eppler.