Trolle beim Kurznachrichtendienst Twitter gefährden die Qualität der politischen Diskussionen offenbar stärker als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommen die Mannheimer Sozialforscher Yannis Theocharis und Sebastian Adrian Popa in einer internationalen Studie, über die am Montag die Universität Mannheim informierte. Als Trolle werden Personen bezeichnet, die sich in destruktiver, hasserfüllter oder auch ablenkender Absicht in Online-Diskussionen einmischen.
Die Studie belegt den Angaben zufolge vor allem zwei Phänomene: Zum einen, dass Politiker das Netzwerk oft nur als Sprachrohr zur Selbstdarstellung nutzen. Zum anderen, dass Volksvertreter bei Twitter oft verspottet oder beleidigt werden.
Die Wissenschaftler argumentieren, dass die Troll-Attacken ein wichtiger Grund für die Einbahnkommunikation vieler Politiker sind. "Warum sollte sich ein vielbeschäftigter Abgeordneter auf eine Twitter-Diskussion einlassen, wenn das möglicherweise nur Boshaftigkeiten in Form von Hass oder Häme zur Folge hat?", fasste Theocharis das Problem zusammen. Teilweise sei das Diskussionsklima regelrecht vergiftet. Besonders bedenklich ist den Forschern zufolge die Beobachtung, dass vor allem Volksvertreter, die sich tatsächlich mit den Followern auseinandersetzen, zur Zielschreibe von Trollen werden.
Aus diesem Grunde werde Twitter kaum für Diskussionen zwischen Bürgern und Politikern genutzt. Das demokratische Potenzial des Mediums gehe verloren. "Wir müssen uns daher von zu hohen Erwartungen an Twitter als Ort demokratischer Diskussionskultur verabschieden", sagte Theocharis. "Und daran tragen definitiv nicht nur Politiker, sondern auch Internet-Trolle eine Mitschuld."
Die Wissenschaftler werteten zusammen mit Kollegen von der University of Southern California und der Universität Oslo Hunderttausende Tweets von deutschen, griechischen, spanischen und britischen Politikern aus.