Im Tauziehen um das umstrittene Berliner "Menschen Museum" von Leichen-Plastinator Gunther von Hagens sind die Museumsbetreiber einer Schließungsandrohung des Berliner Bezirks Mitte zuvorgekommen. Mit einem Trägerwechsel und dem Austausch von Exponaten habe das Museum seine Ausstellung angepasst, sagte Museumskuratorin Angelina Whalley am Montag in Berlin. Damit seien die Forderungen des Oberverwaltungsgerichts (OVG) erfüllt und eine vom Berliner Bezirk Mitte vor einer Woche ausgesprochene Schließungsverfügung hinfällig.
Eine Sprecherin des Bezirks Mitte sagte auf epd-Anfrage, die neue Sachlage werde zunächst geprüft. Zudem laufe die Frist der Schließungsandrohung erst um Dienstagfrüh um 0 Uhr ab. Sie ist verbunden mit einem Zwangsgeld von 1.000 Euro pro weiterem Öffnungstag des Museums.
Mit den nun erfolgten Maßnahmen werde Rechtssicherheit geschaffen, sagte Whalley. Das OVG Berlin-Brandenburg hatte im Dezember vergangenen Jahres in letzter Instanz dem Berliner Bezirk Mitte Recht gegeben, der von den bisherigen Museumsbetreibern eine Genehmigung für das Ausstellen von Leichen und Leichenteilen gefordert hatte. Zugleich hatte der Bezirk aber diese Genehmigung unter Verweis auf das Berliner Bestattungsgesetz und wegen der seiner Ansicht nach fehlenden Wissenschaftlichkeit der Ausstellung verweigert.
Mit dem an diesem Montag vollzogenen Trägerwechsel von der bisherigen Betreibergesellschaft Arts & Science Berlin GmbH zu dem von Gunther von Hagens 1993 gegründeten Institut für Plastination in Heidelberg sei jetzt auch keine Genehmigung mehr nach dem Berliner Bestattungsgesetz nötig, zeigte sich Whalley unter Hinweis auf das OVG-Urteil überzeugt. Begründung: Anatomische Institute fallen unter das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit.
Sechs Ganzkörperplastinate ausgetauscht
Außerdem hat das Museum in den vergangenen Monaten alle knapp 200 Teilkörper-Exponate sowie einen Teil der Ganzkörperplastinate ausgetauscht. Künftig seien alle ausgestellten Körperteile und Leichen individuellen Körperspendern zuzuordnen, hieß es. Damit kamen die Ausstellungsmacher einer wesentlichen Forderung des Bezirks nach. Künftig sind an allen Exponaten Identifikationsnummern zu finden. Diese wurden bislang am Ende des Plastinationsvorgangs entfernt, hieß es. Allerdings würden die Exponate für die Besucher aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Spender auch weiterhin anonym bleiben.
Von den 17 Ganzkörperplastinaten wurden sechs ausgetauscht, darunter etwa der "Skateborder" und der "Bogenschütze". Grund war die fehlende Zuordnung zu einem Körperspender. Zwei Ganzkörperexponate konnten einwandfrei einzelnen Spendern zugeordnet werden. Bei den übrigen ausgestellten plastinierten Körpern sei der Spenderkreis über die Aufzeichnungen im Rahmen des Plastinationsverfahren eng eingrenzbar und damit identifizierbar gewesen, hieß es weiter.
Das Institut für Plastination, das neuer Träger des Museums ist und ebenfalls von Whalley geleitet wird, betreibt auch das sogenannte Körperspenderprogramm. Bis heute sollen sich dort mehr als 16.000 Personen, die bereit zur Plastination ihres Körpers sind, registriert haben. Dabei müssen sie auch angeben, ob sie bereit sind, Teile ihres Körpers oder als Ganzes in einer Ausstellung ausgestellt zu werden.
Im Februar 2015 hatte das "Menschen Museum" als Ableger der "Körperwelten"-Wanderausstellungen im Zentrum Berlins unter dem Fernsehturm auf rund 1.200 Quadratmetern seinen Betrieb aufgenommen. Die Eröffnung des "Menschen Museums" war von Kirchen und Teilen der Politik heftig kritisiert worden. Der Rechtsstreit mit dem Bezirk Mitte ging bis zum Bundesverwaltungsgericht, dass allerdings die von den Museumsbetreibern angestrebte Revision gegen das OVG-Urteil nicht zuließ.