Berlin (epd). In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag heißt es, der Begriff "Völkermord" spiegele die Position der Bundesregierung wider. In dem Dokument, über das zuerst die "Frankfurter Rundschau" berichtete und das auch dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, wird auf eine Äußerung des Sprechers von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Martin Schäfer, verwiesen.
Er hatte vor gut einem Jahr den Begriff "Völkermord" in einer Pressekonferenz klar verwendet. In der Antwort auf die Anfrage aus dem Parlament wird nun erstmals unterstrichen, dass diese Position für die Haltung der gesamten Bundesregierung steht.
Deutschland und Namibia führen derzeit Gespräche zur Aufarbeitung der Geschichte der ehemaligen deutschen Kolonie. Die Bundesregierung hatte bislang angekündigt, am Ende solle eine gemeinsame Erklärung beider Staaten stehen, in der wahrscheinlich der Begriff "Völkermord" stehen werde.
90.000 Opfer
Der Linken-Abgeordnete Niema Movassat begrüßte die Klarstellung der Bundesregierung. Gleichzeitig kritisierte er aber den Ausschluss der betroffenen Volksgruppen von den Verhandlungen. Laut Bundesregierung seien sie einbezogen, "aber ohne eine direkte Teilnahme an den Verhandlungen".
Ebenso kritisierte Movassat, dass die Bundesregierung bislang Entschädigungszahlungen ablehnt. "Das hat mit Übernahme von historischer Verantwortung nichts zu tun", erklärte er. In dem Parlamentsdokument schreibt die Bundesregierung, dass weder der Begriff Reparationszahlungen noch Wiedergutmachung im historischen Vergleich zu dem Kontext der deutsch-namibischen Gespräche passten. An anderer Stelle betont sie, dass die Anerkennung eines Völkermords in ihren Augen keine Rechtsfolgen nach sich ziehen würde.
Während der deutschen Kolonialherrschaft in Südwestafrika wurden zwischen 1904 und 1908 Schätzungen zufolge 90.000 Afrikaner getötet oder starben in den bereits damals so benannten Konzentrationslagern. Das waren 80 Prozent der Herero- und die Hälfte der Nama-Bevölkerung. Menschenrechtler fordern seit Jahren eine offizielle Anerkennung der Massaker als Genozid.