Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer springen nur selten ab

Die freiwillige Helferin Georgina Nikolov spielt am 30.10.2015 in Hamburg in einem Zelt einer mobilen Kita am Hauptbahnhof mit einem Flüchtlingskind
Foto: dpa/Axel Heimken
Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer springen nur selten ab
Die Arbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer ist schwieriger geworden, doch kaum jemand gibt auf.

Die meisten Probleme bereite den Helfern die politisch unklare Situation. "Viele fragen: Wie weit sind wir noch von der Politik gehalten?", berichtet der Pfarrer der Evangelischen Petrusgemeinde in Gießen, Matthias Leschhorn. "Das verunsichert."

Etwa 300 Freiwillige helfen im "Welcome Center" an der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen, das die Petrusgemeinde, das Deutsche Rote Kreuz und das Regierungspräsidium betreiben. Vereinzelt seien Ehrenamtliche abgesprungen. "Aber das ist normal. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir Menschen begeistern müssen, die das für einen längeren Zeitraum machen." Er habe viele Anfragen von Jüngeren, die gerade mit dem Abitur fertig sind, und helfen wollten. Dass Flüchtlingshelfer wegen ihrer Arbeit angefeindet werden - davon wisse er nichts. Aber: "Die Gesellschaft ist mehr oder weniger zweigeteilt."



"Die Ehrenamtlichen werden nicht mehr so getragen wie im Jahr 2015", sagt der evangelische Bildungsreferent Ralf Müller, der im Vogelsberg Ausbildungen zu ehrenamtlichen Flüchtlingsbegleitern anbietet. Gerade habe eine Mitarbeiterin darum gebeten, nicht mehr mit Bild in der Zeitung zu erscheinen. In die Ausbildung habe er jetzt ein Argumentationstraining hineingenommen, wie die Ehrenamtlichen auf Stammtisch-Parolen reagieren können. Nach den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln habe er einige Anrufe von Helfern bekommen, "die sich aussprechen mussten." Aber keiner habe aufgehört. Der laufende Ausbildungskurs sei überbucht gewesen, für den nächsten Kurs im Mai lägen schon Anmeldungen vor. "Überall, wo neue Gemeinschaftsunterkünfte entstehen, haben wir Runde Tische. Wir haben überall Leute."

Viele Ehrenamtliche seien sogar "eher bissiger geworden", berichtet der Wetzlarer Diakon Harald Würges. "Sie sagen: Wie kann man nur den Familienzuzug nicht gewähren? Wie kann man nur Leute abschieben wollen?" Etwa 250 Ehrenamtliche helfen laut Würges im Flüchtlingscamp in Wetzlar, weitere 400 kümmern sich in der Region um Flüchtlinge. "Die Integration läuft still und leise." Flüchtlinge würden oft als sehr fleißig gelobt. Im Camp habe sich die Lage entspannt, seit die Zelte wohnungsähnlich unterteilt und nur noch zu zwei Dritteln belegt seien. Flüchtlinge würden einbezogen und regelmäßig informiert, es gebe keinen Streit und keine Gewalt mehr. "Das macht die Ehrenamtlichen sicherer."