Die Bundesregierung will in der Entwicklungszusammenarbeit die Rolle der Religionen aufwerten und die Kooperation mit lokalen Religionsvertretern und religiös motivierten Hilfsorganisationen intensivieren. Auf einer internationalen Konferenz des Entwicklungsministeriums, die am Donnerstag in Berlin zu Ende ging, bekundeten Religionsvertreter ihrerseits den Willen, mit ihren Organisationen zum Erreichen der UN-Entwicklungsziele bis 2030 beizutragen.
Entwirklungszusammenarbeit sei weltanschaulich neutral, beruhe aber auf Werten
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) stellte zum Auftakt der Konferenz "Partner für den Wandel. Religionen und die Agenda 2030" eine neue Strategie vor. Sie ist die Konsequenz aus einem Umdenken in der jahrzehntelang säkular ausgerichteten Entwicklungspolitik. Müller betonte, die Entwicklungszusammenarbeit sei weltanschaulich neutral, beruhe aber auf Werten. Das solle künftig eine größere Rolle spielen. 80 Prozent der Weltbevölkerung gehörten einer Religionsgemeinschaft an.
Den Leitlinien zufolge, die seit Müllers Amtsantritt 2013 erarbeitet wurden, soll die Zusammenarbeit mit lokalen Religionsvertretern und Hilfswerken überall dort ausgeweitet werden, "wo wir gemeinsam mehr erreichen können". Zugleich sollen Fundamentalismus und religiös begründete Diskriminierung bekämpft und keine Religionsgemeinschaft bevorzugt werden. Die Zusammenarbeit soll sich an den Menschenrechten ausrichten.
Der religiöse Mensch fühle sich seinen Mitmenschen verpflichtet
Religionsgemeinschaften betreiben seit jeher Krankenhäuser, Schulen und leisten Nothilfe. In einigen Ländern des südlichen Afrika machen ihre Angebote mehr als 50 Prozent aller Dienstleistungen aus. Die Bevölkerungen vieler Entwicklungsländer trauen den religiösen Institutionen stärker als den staatlichen. Lokale religiös motivierte Hilfswerke haben häufig Zugang zu Regionen, wo die großen Organisationen nicht hinkommen.
Die Religionsgemeinschaften wollen sich ihrerseits daran beteiligen, die UN-Entwicklungsziele umzusetzen. Ihre Vertreter debattierten über den Beitrag der Religionen zur Bewältigung der globalen Herausforderungen beim Kampf gegen Armut, Krieg und Umweltzerstörung. Der frühere Vorsitzende der muslimischen Hilfsorganisation Islamic Relief, Mohamed Ashmawey, sagte, jeder religiöse Mensch fühle sich seinen Mitmenschen verpflichtet. Diese allen Religionen innewohnende Kraft könne dazu beitragen, die Entwicklungsziele zu erreichen. Islamic Relief arbeitet in mehr als 40 Ländern, auch in überwiegend christlichen.
Konzentration von Reichtum sei eine Sünde
Die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, sagte, Konzentration von Reichtum bedeute im christlichen Verständnis Sünde. Die Güter der Erde seien Gemeingut und müssten geteilt werden. Diese Überzeugungen sei die Basis für die breit aufgestellte entwicklungspolitische Arbeit der Kirchen.
Nach der UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung sollen bis 2030 Armut und soziale Ungleichheit beseitigt sowie die Umweltsituation und die Menschenrechtslage verbessert werden. Anders als die im Jahr 2000 beschlossenen Millenniumsziele, die 2015 ausliefen, gelten die neuen UN-Nachhaltigkeitsziele nicht nur für Entwicklungsländer, sondern auch für Schwellen- und Industrienationen.