Der Problemlöser - Dübel-Erfinder Artur Fischer ist tot

epd-bild/Gerhard Baeuerle
Der Erfinder des S-Dübels, Artur Fischer, in seiner Firma im schwäbischen Waldachtal. Jetzt ist er verstorben.
Der Problemlöser - Dübel-Erfinder Artur Fischer ist tot

Mehr als 1.100 Patente hat Artur Fischer im Lauf seines Lebens erhalten, darunter die für den S-Dübel und die «fischertechnik». Der schwäbische Tüftler starb im Alter von 96 Jahren.
29.01.2016
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Sebastian Stoll (epd)

Waldachtal (epd)Als Artur Fischer acht Jahre alt war, wollte er einen Hubschrauber aus Holz bauen. Für den Rotor nahm er ein Brett, bohrte ein Loch hinein und befestigte eine Kurbel vom Schrottplatz daran. Als die Konstruktion fertig war, drehte er, aber nichts geschah. "Ich dachte, du willst fliegen. Also musst du schneller drehen", sagte seine Mutter. Artur Fischer kurbelte so schnell er konnte, irgendwann ging ihm die Luft aus, doch der Hubschrauber blieb wie festgenagelt auf dem Boden. Dann gab er auf. "Heute hast du etwas gelernt. Nämlich, dass ein Hubschrauber nicht fliegt, wenn du ihn auf diese Weise baust", sagte die Mutter.

Einer der produktivsten Erfinder

Es ist die Anekdote, die Artur Fischer gern erzählte, wenn man ihn nach seiner Kindheit fragte. Sie stammt aus dem Jahr 1928. Am vergangenen Mittwoch ist der schwäbische Tüftler im Alter von 96 Jahren gestorben, wie die Fischer-Unternehmensgruppe am Freitag mitteilte.

Artur Fischer hat nach dem Kindheitserlebnis mit dem fluguntauglichen Hubschrauber schnell gelernt - so schnell, dass er in seinem Leben mehr als 1.100 Patente angemeldet hat. Der gelernte Schlosser, der am 31. Dezember 1919 in Tumlingen geboren wurde, galt damit als einer der produktivsten Erfinder der Welt. Und seine Arbeit machte ihn reich: Noch heute haben die 1948 gegründeten Fischer-Werke ihren Stamm- und Hauptsitz im schwäbischen Waldachtal und produzieren den weltberühmten S-Dübel aus Nylon sowie die ebenso bekannte "fischertechnik"-Baukästen. Der Bruttoumsatz betrug 2013 rund 633 Millionen Euro. Mittlerweile hat der Sohn die Leitung übernommen, doch Fischer kam bis zu seinem 95. Lebensjahr noch regelmäßig in sein Büro.

Artur Fischer erzählte die Geschichte seines Erfolges stets so, als handele es sich dabei um etwas ganz Banales: "Das Problem des Bohrens war noch nicht gelöst." So lautete seine Begründung, weshalb er sich gegen Ende der 50er Jahre vermehrt mit Dübeln auseinandersetzte. Bis damals benutzte man zumeist Dübel aus Holz, sie hielten wenig aus und ständig fielen Bilder von der Wand. Also erfand Artur Fischer einen aus Kunststoff. Bis heute wird er, von wenigen Modifikationen abgesehen, produziert wie 1958.

Ehrungen und Auszeichnungen

Das Geheimnis des Dübels? "Wir haben nur das beste Material genommen, den besten Kunststoff, der erhältlich war. Damit konnten wir Leistungen erreichen, die damals nicht üblich waren, erklärte Fischer noch kurz vor seinem 95. Geburtstag den Erfolg. Mit derselben Selbstverständlichkeit entwickelte Artur Fischer unter anderem einen Synchronblitz für Fotoapparate oder Schrauben für die Heilung von Knochenbrüchen. Und zuletzt einen Eierbecher, in dem man mit einem Messer ein Ei köpfen kann, ohne dass dieses verrutscht.

Eigentlich war Artur Fischer kein Erfinder, sondern jemand, der Probleme löst. Acht Leitsätze hatte er, sie hingen eingerahmt in seinem Büro. "Wer bin ich?", lautet einer, "Was kann ich?" ein anderer, ein weiterer "Wem habe ich zu danken?" Für Artur Fischer gehörte all das zusammen. "Was wir uns in vielen Fällen selbst zuschreiben, ist gesteuert durch die Schöpfungskraft unserer Seele und kommt von Gott", sagte er. Für sein Lebenswerk erhielt Fischer zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, darunter den "European Inventor Award" und eine Bronze-Büste im Deutschen Museum.

Fischer erschuf mit viel Arbeit, eisernem Willen und protestantischem Gottvertrauen aus dem Nichts ein Imperium. Er war Teil des "Wirtschaftswunders" der Nachkriegszeit, mit einem Josef Neckermann, der das Versandgeschäft erfunden hat, und einem Hans Glas, dem Erfinder des Goggomobils, einem hunderttausendfach produzierten Kleinstwagen. Diese Unternehmen sind Geschichte. Artur Fischers Lebenswerk wird weitergeführt. Die Fischer-Unternehmensgruppe hat heute über 5.000 Mitarbeiter weltweit.