Mehr als 10.000 Menschen haben am Samstag in Magdeburg ein Zeichen für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit gesetzt. Im Mittelpunkt des Programms stand die achte Meile der Demokratie. Unter dem Motto "Eine Stadt für alle" hatten rund 160 Initiativen, Vereine, Schulen und Kirchengemeinden ein Bühnen- und Kulturprogramm organisiert. Dazu gehörten auch zwölf Meilensteine als Veranstaltungsorte im ganzen Stadtgebiet.
71. Jahrestag des Bombenangriffs auf Magdeburg vom 16. Januar 1945
Das Bündnis gegen rechts und die Polizei sprachen übereinstimmend von insgesamt mehr als 10.000 Besuchern. Zudem fanden mehrere linke Demonstrationen mit bis zu 250 Teilnehmern statt. Überschattet wurde das Stadtfest von gewalttätigen Aktionen bereits am Freitag.
Anlass der Meile war der 71. Jahrestag des Bombenangriffs auf Magdeburg vom 16. Januar 1945. Neonazis hatten das Datum in der Vergangenheit immer wieder zu einem sogenannten Trauermarsch genutzt.
Mit der Eröffnung der Meile begann diesmal ein Aufmarsch, der zwar aus dem Umfeld von "Magida", einem Ableger der islam- und fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung, angemeldet worden war. Bei den 230 Teilnehmern handelte es sich aber "überwiegend um rechtes Klientel", wie ein Polizeisprecher sagte. Der rechte Marsch hatte das Motto "16.000 unvergessen" und bezog sich auf die angebliche Todesopferzahl bei dem Luftangriff.
"Schulter an Schulter gegen Faschismus und imperialistische Kriege!"
Der Aufzug wurde mindestens einmal blockiert. Zudem berichtete die Polizei von Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten am Neustädter Bahnhof. Dort wurden mehr als 80 Platzverweise erteilt und die Lager "mit körperlichem Zwang" getrennt, wie es hieß.
Bereits am Freitagabend hatte es bei der Demonstration einer linken Gruppierung unter dem Motto "Schulter an Schulter gegen Faschismus und imperialistische Kriege!" Ausschreitungen gegeben. Dabei wurden laut Polizei von teils vermummten Teilnehmern Feuerwerkskörper und Steine auf Beamte geworfen. Vier von ihnen seien leicht verletzt worden, sagte ein Sprecher.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte zum Auftakt, bei der Meile werde Einheimischen und nach Deutschland kommenden Menschen gezeigt, "dass wir in Sicherheit und tolerant leben und die Gesellschaft bunt ist". Es dürfe denjenigen kein Platz gelassen werden, die gegen die Demokratie seien und außerhalb der Grundwerte stünden.
Arbeit, Sprachkurse und Berufsabschlüsse für Flüchtlinge
Einen Schwerpunkt bei der Meile bildete das Thema Flucht und Asyl. Auf der Kirchenbühne sagte die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann, es gehe auch darum, den Menschen, von denen viele vor Krieg und Terror geflohen seien, zum Subjekt ihres eigenes Lebens zu machen. Dazu gehöre, dass sie schnell eine Arbeit finden, Sprachkurse besuchen können und ihre Berufsabschlüsse anerkannt werden.
Nötig sei auch eine stärkere politische Debatte darüber, "wie wir in der einen Welt leben und wie weit wir selbst in die Fluchtursachen verflochten sind", betonte die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Am Morgen hatten Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal auf dem Westfriedhof an die Opfer von 1945 erinnert. Unter den Teilnehmern war Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Dieter Steinecke (CDU). Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) betonte dort, das Gedenken sei auch Mahnung, faschistischen und rassistischen Brandstiftern und ihren populistischen Parolen keinen Raum in der Gesellschaft zu geben.