Detmold, Berlin (epd)Am Landgericht Detmold beginnt am 11. Februar der Prozess gegen einen 94-jährigen früheren SS-Mann. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat gegen den Mann aus dem lippischen Lage Anklage wegen Beihilfe zum Mord im NS-Vernichtungslager Auschwitz in mindestens 170.000 Fällen erhoben. Insgesamt sind bis zum 20. Mai zwölf Verhandlungstermine angesetzt, wie Gerichtssprecherin Anneli Neumann am Freitag mitteilte. Die in Berlin erscheinende "tageszeitung" (Freitagsausgabe) berichtete unter Berufung auf Justizbehörden, auch Gerichte in Hanau, Neubrandenburg und Kiel würden entsprechende Verfahren vorbereiten.
Beihilfe zum Mord
Alle Beschuldigten seien mehr als 90 Jahre alt, berichtete die Zeitung. Die Anklagen würden jeweils auf Beihilfe zum Mord lauten.
In Neubrandenburg gehe es um einen 95-jährigen ehemaligen Unterscharführer, der 1944 in der SS-Sanitätsstaffel des Lagers Auschwitz eingesetzt worden war. Das Hauptverfahren sei bereits eröffnet, der Prozessbeginn noch offen. In Hanau entscheide das dortige Landgericht in den nächsten Wochen über ein Verfahren gegen einen 92-Jährigen. In Kiel lasse das dortige Gericht die Verhandlungsfähigkeit einer 91-jährigen Frau überprüfen, die 1944 als Funkerin in der Kommandantur von Auschwitz gearbeitet habe.
Angehöriger der Wachmannschaft
Nach Angaben des Gerichts in Detmold gibt es bislang 19 zugelassene Nebenkläger unter anderem aus Israel, den USA, Kanada und England. 13 weitere Anträge werden noch geprüft. Für die Öffentlichkeit und Presse stehen für die Verhandlungstage 120 Plätze zur Verfügung, davon 23 für ausländische Pressevertreter. Wegen des großen Interesses findet die Verhandlung des Landgerichts Detmold im Saal der Industrie- und Handelskammer Lippe statt.
Der frühere SS-Mann soll im Januar 1942 in das Konzentrationslager im damals deutsch besetzten Polen versetzt und dann unter anderem für die Bewachung des Lagers Auschwitz I zuständig gewesen sein. Als Angehöriger der Wachmannschaft soll er an der Tötung von mindestens 170.000 Menschen in der Zeit von Januar 1943 bis Juni 1944 beteiligt gewesen sein. Der Rentner hat den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge zwar eingeräumt, in Auschwitz I eingesetzt gewesen zu sein. Er bestreitet jedoch eine Beteiligung an den Tötungen.