Die Terroranschläge in Paris haben auch die Klimapilger schockiert und die Planungen für das Finale ziemlich durcheinander gebracht. Die große Demonstration in der französischen Hauptstadt, die für Sonntag vorgesehen war und bei der auch eine Petitionen übergeben werden sollte, ist abgesagt – wie derzeit alle Versammlungen unter freiem Himmel.
Einige Pilgerinnen und Pilger haben nach Angaben der Organisatoren vom "Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit" ihre Teilnahme abgebrochen oder eine geplante Reise nach Paris storniert. Andere setzen den Weg bis zum Ende fort, um "auch unter dem dunklen Schatten der Attentate ein Zeichen für ein gerechtes Abkommen bei der Weltklimakonferenz" zu setzen.
"Ein Zeichen setzen, dass die Menschheit zusammenrücken muss"
Andreas Kulle aus Bielefeld hat mit einer Gruppe von etwa 40 Personen am Freitag Paris erreicht. Die Nachricht von den Anschlägen habe sie vor zwei Wochen wie alle anderen völlig unerwartet getroffen. "Morgens beim Wecken wurde es uns mitgeteilt von einem Mitpilger. Sicherlich waren wir schockiert darüber." Schnell sei aber auch klar gewesen, dass die Gruppe auf jeden Fall weiterlaufen wollte. "Wir lassen und nicht durch einen barbarischen Akt von dem abbringen, was wir uns vorgenommen haben", sagt Kulle, nämlich "ein Zeichen zu setzen dafür, dass die Menschheit zusammenrücken muss." Unterstützung hätten die Pilger auch von ihren französischen Gastgebern erfahren. "Sie waren sehr glücklich darüber, dass wir aus Deutschland trotz alledem den Weg weiterlaufen und nicht abbrechen."
Auf dem fast 1500 Kilometer langen Fußweg von Flensburg nach Paris waren seit dem 13. September insgesamt knapp 5000 Pilgerinnen und Pilger unterwegs – manche für eine kurze Etappe, andere auf der gesamten Strecke. Mit dem Marsch fordern die Klimapilger ein rechtlich verbindliches und faires Klimaabkommen, gerechte, ehrgeizige und dauerhafte Klimaschutzmaßnahmen und eine deutliche Erhöhung der finanziellen Mittel für Anpassung und Klimaschutz.
Pilger Andreas Kulle will am Samstagmittag bei der Übergabe von Petitionen an Danielle Violetti, Stabschef des UN-Weltklimasekretariats, Ségolène Royale, die französische Umweltministerin, und Nicolas Hulot, Berater von Staatspräsident Francois Hollande dabeisein. Zu diesem Höhe- und Schlusspunkt des Pilgerweges werden auch zahlreiche Kirchenvertreter erwartet – darunter die Schirmherren des Pilgerwegs, Erzbischof Ludwig Schick, Präses Annette Kurschus, die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Karin Kortmann, sowie EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm. Der Tag beginnt mit einem interreligiösen Gebet in der Basilika Saint-Denis.
Am Freitagnachmittag wurden die angekommenen Pilger in einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche Les Billettes empfangen. Der Klimawandel sei nicht nur ein chemisch-physikalisches oder wirtschaftliches, sondern auch "ein zutiefst menschliches und darin ein zutiefst geistliches Problem", sagte Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, in ihrer Predigt. Gier, Bequemlichkeit, Eigeninteresse, schwache Willenskraft und lähmende Angst vor Veränderung hätten bisher ein Umsteuern verhindert.
"Es gibt ein 'Zu spät'", warnte Kurschus. Alte Wege müssten verlassen und mutige Schritte gewagt werden, um die Erderwärmung zu stoppen. "Es geht um grundlegend neue Wege des Denkens, des Handelns, des Wirtschaftens und des Lebens." Die bewegende Kraft Gottes, auf die Christen vertrauen, mache immer neu lebendig – „zu verrückter Hoffnung und tatkräftigem Vertrauen, zum mutigen Gebet, zu mutigen Taten und langen Wegen“. Die anwesenden Pilger und Aktivisten ermutigte Kurschus, „allen Unverantwortlichen und Schwarzmalern und Angstmachern zum Trotz“ ihren Weg fortzusetzen.
Am Pariser Klimagipfel vom 30. November bis 11. Dezember nehmen rund 20.000 Vertreter aus 195 Ländern teil. Ziel ist die Vereinbarung eines Klimaabkommens, das alle Staaten zum Kampf gegen die Erderwärmung verpflichtet.