Berlin (epd)Die Flüchtlingssituation ist in diesem Jahr zum Hauptthema der Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2016 geworden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drang am Mittwoch im Bundestag auf schnelle Entscheidungen. "Es ist klar: Wir werden nicht einfach weitermachen können wie bisher", sagte sie in ihrer Rede vor dem Bundestag. Regelungen müssten überdacht und zeitweise außer Kraft gesetzt werden, um die Herausforderung zu meistern. "Wir müssen jetzt einfach anpacken." Die Opposition forderte mehr Geld für Länder und Kommunen zur Versorgung von Flüchtlingen.
Merkel: Anfang einer Entwicklung
Die Kanzlerin schwor den Bundestag angesichts der Flüchtlingszahlen auf eine große Herausforderung ein. Es werde deutlich, wie sehr man innenpolitisch zu spüren bekomme, was in der Außen- und Entwicklungspolitik versäumt würde. Das sei die Realität des 21. Jahrhunderts. Die derzeitige Situation sei "der Anfang und nicht das Ende einer Entwicklung", sagte sie.
Die Regierungschefin betonte aber auch, dass Deutschland mit der steigenden Zahl Asylsuchender umgehen könnte. "Es ist Privileg und es ist ein Glück in guten demokratischen Verhältnissen zu leben und über einen Haushaltsentwurf wie diesen zu sprechen", sagte Merkel. Der Entwurf von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht Ausgaben von insgesamt 312 Milliarden Euro vor. Merkel verwies in ihrer Rede auch auf andere Projekte wie die Energiewende und die Reform der Pflege.
Ihren Vortrag nutzte sie aber auch, um nochmals einen Appell in Richtung EU zu senden. Es müsse eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge in Europa geben, sagte sie. "Wenn Europa in der Flüchtlingsfrage versagt, dann ginge ein entscheidender Gründungsimpuls eines geeinten Europas verloren - nämlich die enge Verbindung mit den universellen Menschenrechten", sagte sie.
Union und SPD haben für den Bereich der Flüchtlingspolitik bislang für das nächste Jahr sechs Milliarden Euro vorgesehen. Die Hälfte davon soll im Bundeshaushalt eingeplant werden, die andere soll an Länder und Kommunen gehen.
Göring-Eckardt: Pro-Kopf-Beitrag pro Flüchtling
Der Opposition ist das zu wenig. Das Geld genüge nicht und sei kein struktureller Beitrag, kritisierte der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi. Der Bund hatte den Ländern in Aussicht gestellt, sich flexibel orientiert an den Flüchtlingszahlen an den Kosten zu beteiligen. Gysi sprach sich für den Erhalt des Solidaritätszuschlags zur Finanzierung der Asylkosten aus. Der Soli müsse nicht abgeschafft, sondern unter den 16 Bundesländern gerecht verteilt werden, "damit sie die Herausforderungen meistern können", sagte er.
Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt forderte einen höheren Beitrag des Bundes. Sie sprach sich für einen Pro-Kopf-Beitrag pro Flüchtling aus, wie ihn auch bereits mehrere Bundesländer gefordert hatten.