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Frankfurt a.M., Berlin (epd)Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zuversichtlich. "Wir schaffen das", hat sie mit Blick auf die Integration der vielen Flüchtlinge gesagt, die in Deutschland ankommen. Zuletzt wiederholte sie den Satz in der ARD-Sendung "Anne Will" am Mittwochabend. Allerdings sind immer mehr Menschen gegenteiliger Auffassung. Eine ARD-Umfrage vom 1. Oktober ergab erstmals, dass die hohe Zahl der Asylbewerber einer Mehrheit der Deutschen Angst macht.
Auch die Kanzlerin kann nicht sagen, wann die Grenze der Aufnahmefähigkeit in Deutschland erreicht ist. Derzeit ist das Problem der Unterbringung das drängendste. Wenn die Neuankömmlinge die Sammelunterkünfte verlassen, brauchen sie Wohnungen - und zwar vor allem im unteren Preissegment. An denen herrscht aber besonders in Ballungsgebieten schon seit Jahren Mangel. Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) schätzt den Bedarf an neuen preiswerten Wohnungen in den nächsten fünf Jahren auf etwa 350.000 pro Jahr - das sind rund 100.000 mehr, als im vergangenen Jahr entstanden sind.
Positive ökonomische Effekte
Durch den Zuzug wird auch die Zahl der Arbeitslosen steigen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat bereits einen Anstieg der Arbeitslosigkeit für 2016 prognostiziert. Denn nicht einmal jeder zehnte der Flüchtlinge bringe die Voraussetzungen mit, um direkt in eine Arbeit oder Ausbildung vermittelt zu werden, sagte sie kürzlich im Bundestag.
Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) kritisiert, dass Zuwanderern der Zugang zu Jobs durch hohe bürokratische Hürden erschwert werde. Sie will dem Fachkräftemangel begegnen und fordert, die Vorrangprüfung solle "für Asylsuchende mit hoher Bleibeperspektive" nach drei Monaten entfallen. Denn nach dieser Regelung dürfen Flüchtlinge nur dann arbeiten, wenn eine Vorrangprüfung ergeben hat, dass kein Deutscher oder EU-Ausländer für die betreffende Stelle infrage kommt. Außerdem hält die BDA den Ausbau von Integrationskursen und berufsbezogener Sprachförderung für notwendig.
Durch die vielen Zuwanderer dürfte indes nicht nur die Erwerbslosigkeit steigen, sondern auch die Beschäftigung. Die mit dem starken Zuzug verbundenen zusätzlichen Ausgaben des Staates haben nach Einschätzung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) positive ökonomische Effekte. "Kurzfristig wirkt der starke Flüchtlingszuzug wie ein kleines Konjunkturprogramm", sagt IW-Direktor Michael Hüther. Die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden schafften im Inland neues Geschäft und neue Arbeitsplätze.
Sprachkenntnisse besonders wichtig
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält ein ganzes Bündel an Maßnahmen und Gesetzesänderungen für notwendig. Dazu gehöre der "Abbau bürokratischer Hürden zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen". So sollte etwa der Abschluss von Erzieherinnen oder Lehrern unter den Asylbewerbern anerkannt werden. Der Vorteil wäre: Diese Menschen könnten dann schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen Kinder und Jugendliche betreuen. Die GEW rechnet mit 300.000 zusätzlichen Schülern im nächsten Jahr. Um sie unterrichten zu können, würden rund 25.000 neue Lehrer benötigt, vor allem solche mit der Qualifikation "Deutsch als Fremdsprache". Für die prognostizierten 100.000 Kita-Kinder müssten 14.000 Erzieher eingestellt werden.
"Die deutsche Sprache ist der Schlüssel für eine gelingende Integration von Asylsuchenden in Deutschland", betonte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe in Berlin. Ende September hatte Bundesinnenminister Thomas de Maziere (CDU) allerdings gesagt, eine Integration vieler Einwanderer ins Bildungssystem sei nur schwer möglich, da unter diesen 15 bis 20 Prozent Analphabeten seien. Quellen für diese Zahlen nannte de Maizière allerdings nicht. Seine Kabinettskollegin, Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU), sagte, zu Analphabetismus unter Einwanderern gebe es keine Statistik.