Am 25. Jahrestag der Wiedervereinigung haben Spitzenpolitiker die Deutschen auf langanhaltende Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern eingeschworen.
Wie bei der Vereinigung 1990 "erwartet uns alle eine Herausforderung, die Generationen beschäftigen wird", sagte Bundespräsident Joachim Gauck am Samstag beim zentralen Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Frankfurt am Main: "Doch anders als damals soll nun zusammenwachsen, was bisher nicht zusammengehörte."
Gauck: Keine Toleranz für Intoleranz
Die innere Einheit müsse neu errungen werden, sagte Gauck. Dabei stünden die im Grundgesetz festgeschriebenen Werte nicht zur Disposition. "Toleranz für Intoleranz darf es nicht geben", sagte der Bundespräsident.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Wochenende im Deutschlandfunk, das Land stehe vor neuen Aufgaben: "Aufgaben, die wir in der Dimension, in der Reichweite noch nicht kannten." Die Integrationsaufgabe könne nicht abgelehnt, sondern solle so gestaltet werden, "dass es für uns alle sich zum Guten entwickelt".
Gauck sagte beim Festakt in Frankfurt, es brauche Zeit, bis sich die Neuankommenden an eine Gesellschaftsordnung gewöhnen, "die sie nicht selten in Konflikt mit ihren traditionellen Normen bringt". Auch müssten sich Einheimische an ein Land gewöhnen, in dem Vertrautes zuweilen verloren geht. "Lassen Sie aus Kontroversen keine Feindschaften entstehen", sagte Gauck vor rund 1.300 Gästen aus dem In- und Ausland in der Frankfurter Alten Oper.
1,4 Millionen Menschen bei Bürgerfest in Frankfurt
Der Festakt "25 Jahre Deutsche Einheit" war der Höhepunkt der zentralen Feierlichkeiten zum 3. Oktober in Frankfurt. 1,4 Millionen Menschen besuchten von Freitag bis Sonntag ein Bürgerfest. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, blieben die Feiern weitgehend störungsfrei. Am Samstag hatte es an einzelnen Stellen Proteste von Gruppen linksgerichteter Gegner der Einheitsfeier gegeben. Zwei Polizisten wurden nach einem Buttersäure-Anschlag vorübergehend im Krankenhaus behandelt.
In Berlin fand vor dem Brandenburger Tor ein "Festival der Einheit" statt. Auch in zahlreichen anderen deutschen Städten wurde am Wochenende gefeiert und an den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 erinnert.
Beim Festakt in Frankfurt ging auch der gastgebende hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) auf die aktuelle Flüchtlingskrise ein und lobte das Engagement der Deutschen als beispielhaft. Nun gelte es, die Flüchtlinge zu Mitbürgern werden zu lassen. Das wiedervereinigte Deutschland sei ein weltoffenes und tolerantes Land, sagte der amtierende Bundesratspräsident und hieß eine Gruppe von Flüchtlingen willkommen, die er zu dem Festakt eingeladen hatte.
Die Feiern in Frankfurt hatten am Samstagmorgen mit einem ökumenischen Gottesdienst im Dom begonnen. Der Apostolische Administrator des katholischen Bistums Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, sagte: "Die Vielfalt bestimmt unser Land, und wir sind dankbar für sie - und genauso ist uns die Einheit unseres Landes ein kostbares Geschenk und hohes Gut." Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung bezeichnete in seiner Predigt die Liebe als die Basis menschlichen Zusammenlebens. "Wer liebt, sieht im anderen Menschen nicht den Fremden, sondern die Schwester, den Bruder", sagte er.