Primor habe sich als Diplomat und Publizist für eine Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel eingesetzt, begründete Hansjörg Melchior, Vorstand der Freunde und Förderer des Preises, die Wahl. Außerdem fördere er durch die Gründung eines Zentrums für Europäische Studien in Tel Aviv die persönlichen Beziehungen zwischen Studenten aus der Krisenregion des Nahen Ostens. Den mit 10.000 Euro dotierten Preis nahm Primors Sohn Daniel im Kasseler Staatstheater entgegen, da der Preisträger aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verleihung anreisen konnte.
In einem während der Preisverleihung gezeigten Videointerview von Melchior mit Primor in Tel Aviv am 12. September zeigte sich der ehemalige Botschafter über die Lage im Nahen Osten sehr besorgt. "Es sieht düster aus", sagte er. Dennoch sei für ihn klar, dass es zum Frieden keine Alternative gebe. "Wir können einander nicht zerstören", betonte er. Irgendwann werde es zum Friedensschluss kommen, zeigte er sich überzeugt.
Abdallah Frangi, der vom palästinensischen Präsident Mahmud Abbas ernannte Gouverneur von Gaza, würdigte den Preisträger als eine Person, mit der er seit 1993 für eine Zwei-Staaten-Lösung von Palästina und Israel kämpfe. Momentan bedürfe es allerdings großer Kraft und Überzeugung, noch an Visionen zu glauben, räumte der frühere Generaldelegierte Palästinas in Bonn und Berlin ein. Den westlichen Ländern warf Frangi vor, im Nahost-Konflikt versagt zu haben. Unbedingt notwendig sei ein Stopp des israelischen Siedlungsbaus und die Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung. Momentan sei die Lage "dramatisch".
Mit dem Bürgerpreis "Glas der Vernunft" werden Politiker, Geisteswissenschaftler oder Künstler geehrt, die sich in besonderer Weise um die Maximen der Aufklärung - Überwindung ideologischer Schranken, Vernunft und Toleranz - verdient gemacht haben. Die Auszeichnung wurde 1990 aus Anlass der Wiedervereinigung Deutschlands gestiftet. Zu den bisherigen Preisträgern zählen der chinesische Künstler Ai Weiwei, Bundespräsident Joachim Gauck, der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher und der frühere polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski.