Berlin (epd)Deutschland und Österreich fordern einen EU-Sonderrat zur Flüchtlingspolitik. Nach einem Treffen am Dienstag in Berlin teilten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr österreichischer Amtskollege Werner Faymann mit, sie hätten sich gegenüber EU-Ratspräsident Donald Tusk für solch ein Spitzentreffen in der nächsten Woche ausgesprochen. Tusk werde dies prüfen, sagte Merkel. Sie betonte erneut, dass die Fragen rund um den Flüchtlingsandrang nur gesamteuropäisch gelöst werden könnten.
Faymann sagte, Deutschland, Schweden und Österreich dürften nicht allein gelassen werden. Diese drei Länder nehmen derzeit besonders viele Flüchtlinge auf, während andere Mitgliedstaaten besonders in Osteuropa sich einer zusätzlichen Aufnahme Schutzsuchender verweigern.
Herkunftsländer im Blick
Merkel betonte, beim Gipfel solle es nicht um die Frage der Verteilung von Flüchtlingen gehen, die am Montagabend Thema bei einem Sondertreffen der EU-Innen- und -Justizminister war. Vielmehr solle es unter anderem darum gehen, wie die EU Herkunftsländer von Flüchtlingen besser unterstützen könne. Zudem drängt Merkel auf Gespräche über die von vielen EU-Ländern geforderten Hotspots in Griechenland und Italien, in denen Asylverfahren ankommender Flüchtlinge geballt behandelt werden sollen.
Die Ergebnisse des EU-Innen- und -Justizministertreffen sorgten in Deutschland für Ernüchterung. "Europa hat sich gestern ein weiteres Mal blamiert", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Dienstag in Berlin. Bei ihrem Sondertreffen am Montagabend einigten sich die Innen- und Justizminister zwar darauf, 160.000 Flüchtlinge aus besonders belasteten europäischen Staaten umzusiedeln. Die Entscheidung über eine feste Verteil-Quote nach den Plänen der EU-Kommission wurde aber vertagt.
"Drohungen nicht der richtige Weg"
In der Union werden inzwischen Stimmen laut, eine gleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen zur Not auch unter Druck durchzusetzen oder Sanktionen auszusprechen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte im ZDF-"Morgenmagazin", momentan sei die Situation so, dass den Ländern nichts passiere, wenn sie sich einer Verteilung verweigern. Er brachte eine Kürzung von Mitteln aus dem EU-Strukturfonds ins Spiel.
Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), sagte in Berlin, bei einer europäischen Gesetzgebung zur Quote könnten auch Mitgliedstaaten überstimmt werden. Merkel lehnte Druckmittel unterdessen ab. "Drohungen sind nicht der richtige Weg zur Einigung", sagte sie. Sie werde aber daran erinnern, dass Menschen in Deutschland zurecht fragten, was in dieser Situation der europäische Geist sei.
Während sich der CSU-Europapolitiker Weber zudem für einen stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen aussprach, warb die evangelische Kirche dafür, Schutzsuchenden legale Wege nach Europa zu eröffnen. Dies sei die wirksamste Maßnahme gegen die Gefahren der Flucht, heißt es in einer am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Erklärung der 20 evangelischen Landeskirchen.
Mehr Geld für Kommunen
Unterdessen ringen Bund und Länder weiter um schnelle Lösungen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, sprach sich dafür aus, den Kommunen noch für dieses Jahr mehr Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Mit Blick auf die bereits bewilligte eine Milliarde Euro als Soforthilfe sagte er: "Ich glaube, da müssen wir noch nachlegen."
Bislang hat die schwarz-rote Koalition Ländern und Kommunen für nächstes Jahr drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Dies werde nicht ausreichen, erklärte der Deutsche Städtetag. Der Spitzenverband appellierte vor dem für Dienstagabend geplanten Sondertreffen der Bundesregierung mit den Länderchefs, die Anstrengungen zur Entlastung der Kommunen schneller umzusetzen.