Berlin (epd)Kurz vor dem Koalitionstreffen am Sonntag hat die Unionsfraktion im Bundestag ein eigenes Papier zur Flüchtlingspolitik beschlossen. Das Papier sende zwei Botschaften, sagte der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) am Donnerstag nach der Klausursitzung in Berlin. Man wolle schutzbedürftige Flüchtlinge aufnehmen, ihnen eine Perspektive geben und dafür sorgen, dass die Bedingungen für sie in Deutschland so gut wie möglich seien. Auf der anderen Seite müsse dafür gesorgt werden, dass diejenigen, die kein Recht hätten, hier zu bleiben, das Land wieder verlassen.
Maßnahmen zur Abschreckung
Der Maßnahmenkatalog zeigt Gemeinsamkeiten mit dem Anfang der Woche vorgestellten Programm des Koalitionspartners SPD. Auch die Union setzt sich dafür ein, Länder und Kommunen bei der Versorgung von Flüchtlingen zu entlasten, Asylverfahren zu beschleunigen und das Angebot von Deutsch- und Integrationskursen zu erweitern. Anders als die Sozialdemokraten schlagen CDU und CSU aber auch Maßnahmen vor, die abschreckend wirken sollen.
So fordert die Unionsfraktion, in den Erstaufnahmeeinrichtungen Sachleistungen statt Bargeld auszugeben. Zudem spricht sie sich gegen die flächendeckende Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber aus, wie sie von vielen Ländern gefordert wird. Eine solche Karte habe «hohen Symbolcharakter» und stelle eine Anreiz für einen Asylantrag dar, heißt es in dem Beschluss der Fraktion. Die Union fordert zudem für abgelehnte Asylbewerber ein Wiedereinreiseverbot von grundsätzlich drei bis fünf Jahren.
«Null Veränderungen am Asylrecht»
Noch nicht entschieden sei, ob die kürzlich diskutierte Änderung bei der Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten erfolgen soll, erläuterte Kauder. Der CDU-Innenpolitiker Thomas Strobl hatte vorgeschlagen, die Definition an eine niedrige Anerkennungsquote zu binden. Wenn weniger als zwei Prozent der Antragsteller aus einem Land als Flüchtlinge anerkannt werden, soll der Staat als sicher gelten, was schnellere Asylverfahren möglich macht.
Die Länder würden dann nicht wie derzeit per Einzelgesetz bestimmt. Dies würde eine Grundgesetzänderung nötig machen. Kauder betonte, das Asylrecht als Individualrecht bleibe erhalten: «Es gibt null Veränderungen am Asylrecht im Grundgesetz.»
Nichtregierungsorganisationen zeigten sich alarmiert über die Überlegungen. «Eine mögliche verfassungsrechtliche Verankerung der sicheren Herkunftsstaaten ist unvereinbar mit dem Menschenrecht auf die faire individuelle Prüfung eines jeden Asylantrags», sagte die Asylexpertin von Amnesty International, Andrea Berg. Der Vorschlag sei ein «fundamentaler Angriff auf das Asylrecht», erklärte Pro Asyl. Auch die Linke im Bundestag äußerte sich empört über den Vorstoß.
Soli in der Diskussion
Keine Aussagen macht das Papier der Union indes zu den Kosten für die Flüchtlingsunterbringung. Kauder sagte, zunächst müsse geklärt werden, was zu tun sei und wer es mache. Unstrittig ist, dass es sich um Kosten in Milliardenhöhe handeln wird.
Vor diesem Hintergrund schlug der Linken-Abgeordnete Axel Troost im «Tagesspiegel» (Freitagsausgabe) vor, auf das Auslaufen des Solidaritätszuschlags zu verzichten. In der aktuellen Situation sei er «das ideale Instrument, um den zusätzlichen Finanzbedarf zu decken», sagte Troost.