Allegorischer Garten: Rot wie das Blut Christi

Foto: Kirchengemeinde St. Petri Steinwedel
Allegorischer Garten: Rot wie das Blut Christi
Die Rose rot wie das Blut Christi, der Spitzwegerich aufrecht wie der Glauben der Christen - in der Allegorischen Predigt werden Merkmale von Pflanzen auf theologische Inhalte bezogen. In der Kirchengemeinde in Lehrte-Steinwedel gibt es jetzt einen Allegorischen Garten.

Die Prediger der Reformation wollten zu ihrer Zeit die neue evangelische Lehre und die biblische Botschaft verständlich und einprägsam machen. Deshalb suchten sie nach Anschauungsmaterial aus ihrem Alltag. Heilkräuter und Pflanzen aus Wald und Feld, Flur und Garten wurden zum Predigtgegenstand. Die allegorische Pflanzenpredigt entstand. Dabei wurden unterschiedliche Merkmale der Pflanzen - wie etwa die Form der Blätter, die Farbe der Blüten oder ihre Heilkraft - auf theologische Inhalte bezogen: So stehen die roten Blätter der Rose zum Beispiel für das Blut Christi, die lanzenförmigen Stängel des Spitzwegerich für den aufrechten Glauben der Christen.

Was uns das Vergissmeinnicht sagen will

Manche Pflanzen werden vielfältig ausgedeutet, wie das Vergissmeinnicht durch Pfarrer Job Schröter:

"Das Vergissmeinnicht hat eine Blüte, blau mit einem gelben Fleck in der Mitte. Genauso soll der wahre Christ das Gedächtnis Gottes nicht nur auf der Zunge tragen, sondern wie bei der Blüte mitten in seinem Herzen. Und so, wie dieser Fleck goldgelb ist, soll auch des Christen Herz wie aus Gold sein, lauter und rein, während seine fünf Sinne wie die fünf himmelfarbigen Blütenblätter nicht immer nach den irdischen Dingen trachten sollen, sondern auch nach dem, was himmlisch ist." (Wittenberg 1623)

Allegorischer Garten der Kirchengemeinde St. Petri Steinwedel
Im Herbst 2012 stellten Kaspar Klaffke und Gesa Klaffke-Lobsien die Idee eines Allegorischen Gartens, dessen Konzept auf die Historikerin Maria Marten zurückgeht, in der Gemeinde in Lehrte-Steinwedel vor. Den dortigen Kirchenvorstehern erschien nicht nur die Neugestaltung des Gemeindegeländes reizvoll, sondern auch die Auseinandersetzung mit der lutherischen Tradition. Zudem sahen sie das Gartenprojekt als Chance für die Gemeindeentwicklung. Eine Arbeitsgruppe aus Ehrenamtlichen übernahm die weitere Planung und Vorbereitung.

Jede Woche begeistert ein anderes Bild

Der Allegorische Garten ist heute für die Gemeinde ein großer Gewinn. Besucher von Veranstaltungen und Gottesdiensten verweilen oft staunend im Garten, freuen sich an dem, was erblüht und wächst. Zumal der Garten jede Woche ein anderes Bild bietet und Neues entdecken lässt.

Gartengottesdienst
Aber er ist doch mehr als ein Schmuckstück für das Kirchengelände und das Dorf. Der Garten macht eine völlig in Vergessenheit geratene Predigttradition der lutherischen Kirche sichtbar und anschaulich. Er lädt ein, in die Kirchengeschichte einzutauchen, den theologischen Themen und Glaubensfragen der Menschen einer anderen Zeit zu begegnen.

Ordnen, Bewahren und Festhalten

Der Garten erinnert an eine Epoche, die als Zeit der lutherischen Orthodoxie oder des Konfessionalismus stark in Vergessenheit geraten ist oder nur negative Assoziationen weckt. Im Gegensatz zu den Jahren der Reformation ist die Zeit nach Luthers Tod weniger eine des Aufbruchs und der Erneuerung, als eine Zeit des Ordnens, des Bewahrens und des Festhaltens. Es geht um die Verbreitung der evangelischen Lehre, Schulen und Universitäten werden gegründet, Lehrbücher und Lehrpläne geschrieben. Philipp Melanchthon entwickelt im Rückgriff auf die antike Rhetorik eine neue Predigtlehre. In diesem Zusammenhang entstehen auch die lutherischen Pflanzenpredigten.