Hinter die bleibende Verpflichtung gegenüber dem Judentum dürfe die katholische Kirche nicht mehr zurückfallen, sagte Schuster am Sonntag auf einer Veranstaltung in Frankfurt am Main.
Zu der Veranstaltung hatten die katholische Deutsche Bischofskonferenz und die Katholische Akademie Rabanus Maurus aus Anlass des 50. Jahrestages der Konzilserklärung "Nostra aetate" eingeladen. Mit dem Dokument "In unserer Zeit" hatte das Zweite Vatikanische Konzil für eine theologische Wende im Verhältnis zum Judentum gesorgt. Ohne die Bereitschaft vieler Juden, wenige Jahre nach der Schoah mit Christen zu sprechen, wäre der damit eingeleitete Dialog nicht möglich gewesen, sagte der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff laut Redetext.
In seiner verlesenen Rede bekannte Kurienkardinal Kurt Koch, Christen müssten ehrlich bedauern, dass erst das "beispiellose Verbrechen der Schoah" ein wirkliches Umdenken bewirkt habe. Der christliche Widerstand gegen die unmenschliche Brutalität des Nationalsozialismus habe nicht die Klarheit aufgewiesen, die man hätte erwarten müssen, sagte der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates.
Schuster würdigte das Konzilsdokument als einen Meilenstein: "Die Kirche sagte sich von ihrem über Jahrhunderte praktizierten Antijudaismus los." Für die christlich-jüdischen Beziehungen gebe es heute ein stabiles Fundament. In der Beschneidungsdebatte hätten sich die beiden großen Kirchen sofort an die Seite der jüdischen Gemeinschaft gestellt. "Dafür sind wir bis heute dankbar", ergänzte der Zentralratspräsident. Auch die evangelisch-katholische Erklärung zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz sowie die gemeinsame Studienreise von Bischöfen und Rabbinern nach Israel in der vergangenen Woche seien Ausdruck christlich-jüdischer Verständigung.
Jüdische Zweifel an der Standfestigkeit der Kirche hätten allerdings Ereignisse im Pontifikat von Benedikt XVI. genährt, sagte Schuster. Beispielhaft nannte er die Neufassung der Karfreitagsfürbitte für die lateinische Messe, die Integration der Bischöfe der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft sowie die angestrebte Seligsprechung von Pius XII. (1876-1958). Vor diesem Hintergrund stimmten viele Gesten von Papst Franziskus mit seiner besonderen Nähe zum Judentum zuversichtlich, folgerte der Präsident des Zentralrates.
Mussinghoff nannte es schmerzlich, dass die Zahl antisemitischer Übergriffe in Deutschland zugenommen habe. "Es ist die Pflicht aller Bürger dieses Landes und es ist unsere Christenpflicht, jeder Form von Antisemitismus klar und deutlich entgegenzutreten", sagte der Bischof von Aachen.