Der Tunesier und der Syrer befanden sich an Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache, das in der Nacht zum Dienstag insgesamt 27 Überlebende in den Hafen der sizilianischen Stadt Catania gebracht hatte. Unterdessen mehrten sich in Deutschland die politischen Stimmen, wonach die Seenotrettung im Mittelmeer ausgebaut werden soll.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen", Migration dürfe keine Frage von Leben und Tod sein. "Wir wollen Seenotrettung deutlich verstärken", sagte der CDU-Politiker und forderte zudem einen "entschlossenen Kampf gegen die Schlepper".
Die EU hatte Ende vergangenen Jahres einen Grenzeinsatz namens Triton ins Leben gerufen, der bisher ein Budget von lediglich drei Millionen Euro im Monat hat. Zuvor hatte Italien ein Jahr lang umfangreiche Rettungseinsätze im Rahmen seines "Mare Nostrum"-Programms unternommen. Diese Operation hatte Rom jedoch eingestellt - nicht zuletzt wegen des Drucks Deutschlands und anderer nördlicher Länder, die in ihm Anreize für Migrations- und Schlepperbewegungen sahen.
Deutsche Politiker fordern sichere Wege nach Europa
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert nun die "sofortige Wiederaufnahme" einer Rettungsmission. "Man kann natürlich die Italiener hier nicht alleine lassen. Dies ist eine Aufgabe für Brüssel", sagte Müller am Dienstag dem Radiosender Bayern 2. "Europa steht jetzt vor einer großen Bewährungsprobe", unterstich Müller: "Und ich sage klar: Brüssel muss sich den Hut der Verantwortung aufsetzen."
Zudem verlangte Müller ein EU-Sonderprogramm, um Fluchtursachen in den Herkunftsländern der Menschen zu beseitigen. Ein Schwerpunkt müsse auf Libyen liegen. Die EU solle einen Sondergesandten einsetzen, der sich vor Ort um die Stabilisierung der politischen Institutionen, den Aufbau der Grenzsicherung und die Bekämpfung der Schleuserbanden kümmere.
Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), forderte eine schnelle Wiederauflage von "Mare Nostrum". Die SPD-Politikerin sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe): "Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass wir versuchen, so viele Flüchtlinge wie möglich vor dem Ertrinken zu retten." Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der "Bild"-Zeitung, Europa benötige eine Doppelstrategie, um die Flüchtlingstragödie zu beenden. "Wir müssen einerseits ganz schnell die Seenotrettung intensivieren. Gleichzeitig müssen wir den mörderischen Schlepperbanden den Kampf ansagen - und zwar international abgestimmt, auch die nordafrikanischen Länder sind in der Verantwortung", sagte Oppermann.
Der Gründer der Flüchtlingshilfsorganisation Cap Anamur, Rupert Neudeck, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagsausgabe): "Die EU muss endlich handeln. Es darf einfach nicht sein, dass Tausende Menschen vor unseren Küsten ertrinken." Noch nie seien Schlepperbanden so gut im Geschäft gewesen wie in den vergangenen Monaten. Inzwischen warteten Millionen junger Menschen aus Afrika auf die Möglichkeit, nach Europa zu fliehen, wo sie sich eine Zukunft erhoffen. "Solange wir ihre Heimatländer nicht so unterstützen, dass sie dort eine Perspektive haben, wird der Strom der Migranten nicht abreißen", sagte Neudeck.