Auch vier Jahre nach dem schweren Reaktorunfall von Fukushima sei der Katastrophenschutz noch nicht an die Erkenntnisse aus dem GAU in Japan angepasst, sagte die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe).
Sie forderte die Bundesregierung auf, den zuständigen Bundesländern eine Frist zu setzen, bis wann entsprechende Empfehlungen der Strahlenschutzkommission umzusetzen seien. Diese sähen beispielsweise eine deutliche Ausweitung der Evakuierungszonen rund um Kernkraftwerke im Ernstfall vor. "Die Katastrophenschutzpläne in Deutschland sind unter der Annahme verfasst, dass es wohl eh nicht zu einem Unglück kommen wird", bemängelte Kotting-Uhl. "So kann man mit einem solchen Risiko allerdings nicht umgehen."
Obwohl die Anforderungen vorlägen, gebe es keinen Zeitplan, wie das Ganze umgesetzt werden soll, sagte Kotting-Uhl. Der Bund müsse seine Kompetenz als oberste Atomaufsichtsbehörde nutzen, und die Länder unter Druck setzen. "Es kann einfach nicht sein, dass notwendige Anpassungen jahrelang hinausgezögert werden", kritisierte die Grünen-Politikern.
Die atompolitische Sprecherin forderte zudem, deutschlandweit Jodtabletten zu verteilen. Durch Einnahme der Tabletten soll bei einem Atomunfall die Aufnahme radioaktiven Jods über die Schilddrüse verhindert werden. Derzeit erhalten nur unmittelbare Anwohner von Kernkraftwerken die Tabletten, ansonsten werden sie an zentralen Punkten gelagert und im Ernstfall verteilt. Dies sei kein schlüssiges Konzept. Einerseits sollten die Menschen bei einem Atomunfall im Haus bleiben, zugleich aber sollten manche Jodtabletten organisieren. Kotting-Uhl forderte die Bundesregierung auf, sich ein Vorbild an Frankreich zu nehmen, wo jeder Haushalt eine Packung erhalte.