Frank Steier hat nur noch einen Wunsch: Er will endlich wieder Held im eigenen Film werden; und tatsächlich beschert der Hessische Rundfunk dem Kriminalhauptkommissar einen Abschied, der so etwas wie die Krönung der vielen ausgezeichneten "Tatort"-Beiträge aus Frankfurt ist. Nach dem Ausstieg von Nina Kunzendorf hat Joachim Król noch ein Solo bekommen, und dieser Film ist derart gut, dass man die Ex-Partnerin gar nicht vermisst. Bevor Steier jedoch sein großes Finale erlebt, ist er erst mal ganz unten: Ein Mörder, der vor seinen Augen ein kleines Mädchen erschossen hat, wird freigesprochen, weil die Aussage des zum Tatzeitpunkt stark alkoholisierten Kommissars vor Gericht nicht gewertet kann. Nun soll der einstige Star-Ermittler bis zur Pensionierung auf einem Abstellgleis geparkt werden; da kündigt er lieber. Aber vorher will er noch den Täter (Maik Rogge) zur Strecke bringen. Zu einer Hinrichtung ist er nicht in der Lage, also observiert er den Mann – und wird auf diese Weise Teil einer Tragödie, in der Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern werden.
Die große Einsamkeit
"Das Haus am Ende der Straße" ist ein derart herausragender Sonntagskrimi, dass man bei Buch und Regie unwillkürlich mit großen Namen rechnet. Nun sind die Autoren Erol Yesilkaya und Michael Proehl zwar keine Anfänger, aber ihre Filmografie ist ebenso überschaubar wie die des Regisseurs Sebastian Marka, der bislang als Cutter gearbeitet hat. Nach einigen Folgen für die ZDF-Serie "Notruf Hafenkante" ist dies seine erste Langfilmregie; umso imposanter ist seine sichere Führung gerade auch der jungen Darsteller. Auch die Bildgestaltung durch den "Tatort"-erfahrenen Armin Alker ist beeindruckend. Dass Marka mit diesem Krimi sein Meisterstück abliefert, hat er aber vor allem dem Drehbuch zu verdanken. Es ist schon ein Kunststück, sich angesichts von Abertausenden TV-Krimis eine Geschichte auszudenken, der ohne jede Einschränkung große Originalität bescheinigt werden kann. Hauptfigur der Handlung ist im Grunde gar nicht Steier, sondern der traurige Ex-Polizist Rolf Poller, der allein in einer weitgehend verlassenen Siedlung lebt. Armin Rohde vermittelt die große Einsamkeit dieses Mannes über weite Strecken des Films fast wortlos und nur mit Hilfe seiner enormen Präsenz. Eigentlich ist Pollers Leben verwirkt, aber das Schicksal gibt ihm die Chance, wieder gut zu machen, was er bei seinem verstorbenen Sohn falsch gemacht hat. Auch Poller will wieder Held im eigenen Film werden; und ausgerechnet Steier ist ihm dabei im Weg.
Die zweite Hälfte des Films spielt sich fast ausschließlich in Pollers Haus ab, denn der einsame Mann hat plötzlich vier Gäste: Der Mörder des Mädchens ist gemeinsam mit seinem Bruder (Vincent Krüger) und dessen Junkie-Freundin (Janina Schaue) in die Nachbarvilla eingebrochen. Poller hat sie überrascht, überwältigt und samt Steier in den Keller gesperrt. Wie der Ex-Polizist die vier Gefangenen nun gegeneinander ausspielt, um seinen perfiden Plan zu realisieren, ist von großer Raffinesse. Am Ende wird das Drama zur erwartbaren Tragödie, aber Poller hat auch im letzten Akt nichts dem Zufall überlassen.
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Gerade dank der Kameraführung ist "Das Haus am Ende der Straße" nie bloß Kammerspiel, zumal viele Einfälle eine große visuelle Wirkung entfalten, wenn Steier zum Beispiel durch Blaulicht aufwacht, sich die Lichteffekte aber als Teil eines Alptraums entpuppen, in dem ihm das kleine Mädchen keine Ruhe lässt. Ein starker Abgang für Frank Steier und möglicherweise der Anfang einer großen Regiekarriere für Sebastian Marka.