Ein Schnitt genügt, um die Botschaft dieses im besten Sinne grundsoliden Beitrags zur ZDF-Reihe "Ein starkes Team" zu illustrieren: Gerade noch sah man die Fassade eines riesigen Plattenbaus, im Anschluss folgt die Ansicht einer Friedhofswand, in der die Urnen Verstorbener deponiert werden. "Stirb einsam" ist bei weitem nicht der erste Krimi, der von der Einsamkeit des Großstädters handelt, aber Autor Axel Hildebrand und Regisseur Thorsten Schmidt haben es dennoch vermieden, einen Themenfilm aus dem Stoff zu machen.
Klinkenputzen im Wohnsilo
Die Geschichte beginnt mit der Ermordung einer Frau, deren einziger Lebensinhalt offenbar im Teleshopping bestand. Die eigentliche Handlung setzt allerdings erst zwei Wochen später ein; so lange hat der Leichnam unbemerkt in der Wohnung gelegen. Eine flott montierte Sequenz erzählt, warum: Kaum haben Verena Berthold (Maja Maranow) und Otto Garber (Florian Martens) beim Klinkenputzen in dem Wohnsilo ihren Spruch aufgesagt, wird ihnen schon die Tür vor der Nase zugeknallt; die meisten Bewohner kannten die Frau überhaupt nicht. Hauptverdächtiger ist zunächst ein Mieter (Christian Näthe), der in seiner Wohnung eine regelrechte Cannabisplantage angebaut hat. Ihm droht Besuch von der Hausverwaltung, weil sich seine nun tote Nachbarin über den Katzengestank beschwert hat. Diese Beschwerde hat sie später zurückgezogen; mysteriöserweise posthum.
Trotz dieser originellen Idee ist der Fall ebenso unspektakulär wie seine Umsetzung. Schmidt verzichtet bei der allerdings sehr sorgfältigen Bildgestaltung (René Richter) auf die üblichen Herzschlagbeschleuniger; von anderen Extravaganzen ganz zu schweigen. Dennoch gelingt es ihm, eine gewisse Spannung aufzubauen. Das Titelteam ist ohnehin sehenswert wie stets, zumal die Verantwortlichen auch hier darauf achten, dass die Ergänzungsspieler Arnfried Lerche und Kai Lentrodt ihre Momente bekommen. Garbers Ex-Kollege Sputnik (Jaecki Schwarz) fungiert diesmal als Geschäftsführer eines Indoor-Spielplatzes für Erwachsene und muss hilflos mit ansehen, wie die Besucher über die Stränge schlagen.
Dennoch wird "Stirb einsam" dereinst im Rückblick sicher nicht als Höhepunkt der Reihe herausragen. Die besten Filme mit dem "Starken Team" hatten neben dem eheähnlichen Verhältnis der beiden gemeinsam in die Jahre gekommenen Hauptfiguren immer auch eine gute Krimihandlung zu bieten. Hildebrands Geschichte ist interessant, aber nicht originell, zumal er sich eines beliebten Musters bedient: Es gibt einen Verdächtigen, gegen den sämtliche Indizien sprechen; bis auch er ermordet wird. Die Randfiguren sind gut und treffend besetzt (Carolina Vera, Ralph Herforth, Birge Schade), jedoch eher Typen als Personen, und die Erklärungen für die beiden Morde wirken wie typische Krimimotive. Sehr Interessant ist allerdings der Entwurf eines Bewohners, den Martin Lindow als Inbegriff des misstrauischen urbanen Eremiten verkörpert; dieser Mann, sagt Garber, "bringt seinen Müll weg wie andere Leute Bomben legen."
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Und dann gibt es noch eine Figur, die das Thema des Films perfekt auf den Punkt bringt: In einem Gastauftritt spielt Rudolf Krause einen Langzeitarbeitslosen, der einsame Verstorbene auf ihrem letzten Weg begleitet. Am Ende ist der Mann noch mal kurz aus der Ferne zu sehen. Die meisten anderen Regisseure hätten sein Gesicht zusätzlich in Nahaufnahme gezeigt, damit man ihn ganz sicher erkennt; Schmidt verzichtet zum Glück darauf. Diese sympathische Beiläufigkeit findet sich auch bei der Gestaltung der Tonspur wieder: In der Wohnung eines Mieters, der sich penibel notiert, wann seine Nachbarn Besuch haben, ertönt "Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung" von James Last, und eine Rückblende mit dem Kiffer wird von Reggae-Klängen untermalt. Dafür verbreitet die elektronische Filmmusik von Andreas Koslik zwischendurch beinahe mehr Dynamik, als die Geschichte hergibt.