Leipzig erlebte am Mittwochabend einen der größten Polizeieinsätze seit der friedlichen Revolution. Tausende Menschen protestierten in der Innenstadt gegen einen Aufzug des islamfeindlichen "Pegida"-Ablegers "Legida". Dabei kam es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. Gegendemonstranten versuchten, die Zugänge zu der "Legida"-Kundgebung auf dem zentralen Leipziger Augustplatz zu versperren und die Demonstrationsstrecke zu blockieren. Beides wurde von der Polizei zum Teil gewaltsam unterbunden. Feuerwerkskörper und Flaschen flogen, mehrere Beamte wurden nach Polizeiangaben verletzt. Am Nachmittag hatten Unbekannte am Leipziger Hauptbahnhof und im City-Tunnel mehrere Kabelbrände gelegt.
Zudem kam es Medienberichten zufolge zu gewaltsamen Übergriffen von "Legida"-Demonstranten auf Journalisten. So habe eine Gruppe von etwa 50 Anhängern auf Presseleute eingeschlagen, die den Demonstrationszug begleiteten, ohne dass die Polizei zunächst eingegriffen habe, berichtete das Portal "lvz-online". Die Polizei konnte dazu noch keine Angaben machen. Auch zwischen Gegendemonstranten und "Legida"-Anhängern kam es wiederholt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Nach Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes ist der Leipziger Ableger rechtsextremer als das Dresdner Vorbild und ein Sammelbecken von Neonazis und gewaltbereiten Hooligans.
Ingesamt waren am Mittwoch 20 Demonstrationen und Mahnwachen angemeldet. Die Polizei nannte zunächst keine Zahlen, sprach aber von sehr viel weniger "Legida"-Teilnehmern als angemeldet. Die Veranstalter hatten mit bis zu 40.000 Anhängern gerechnet. Die Stadt Leipzig sprach am späten Abend von 15.000 "Legida"-Anhängern und etwa 20.000 Gegendemonstranten. Mehr als 4.400 Polizisten waren im Einsatz.
Die ursprünglich von "Legida" geplante Marschroute um den kompletten Leipziger Innenstadtring war am Morgen von der Stadtverwaltung aus Sicherheitsgründen verkürzt worden. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht hatten die Auflage der Stadt im Laufe des Mittwochs bestätigt. Die Leipziger Innenstadt wurde schon am Nachmittag für den Autoverkehr gesperrt, auch Straßenbahnen und Busse fuhren nicht mehr. Die Polizei ließ den Strom in den Oberleitungen der Straßenbahnen abstellen. Über der Stadt kreisten Polizeihubschrauber.
Während des "Legida"-Aufzugs wurden an markanten Leipziger Gebäuden wie dem Gewandhaus, dem City-Hochhaus und der Oper die Beleuchtung ausgeschaltet. Der Leipziger Stadtrat unterbrach seine turnusmäßige Sitzung und schloss sich den Protesten an.
"Pegida"-Gründer Bachmann zurückgetreten
Unterdessen deuten sich in "Pegida"-Bewegung erste Risse an. In einer Pressemitteilung distanzierte sich am Mittwoch die Dresdner "Pegida"-Sprecherin Katrin Oertel deutlich von dem Leipziger Ableger "Legida". Laut Oertel weigern sich die Leipziger Organisatoren, den 19 Punkte umfassenden Forderungskatalog von "Pegida" zu übernehmen. "Alles, was heute Abend in Leipzig gesagt und gefordert wird, ist nicht mit uns abgesprochen. Das kann sich für die einheitliche Wahrnehmung unserer Bewegung als kontraproduktiv erweisen. Daher prüfen wir eine Unterlassungsklage", erklärte Oertel.
Der Initiator von "Pegida", Lutz Bachmann, ist am Mittwoch von seinen Ämtern zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Volksverhetzung eingeleitet. Der vorbestrafte Bachmann hatte vergangenen September auf seiner Facebook-Seite Migranten als "Viehzeug", "Dreckspack" und "Gelumpe" bezeichnet und ein Foto gepostet, auf dem er als Adolf Hitler posiert.
Die Postings seien "unüberlegte Äußerungen, die ich so heute nicht mehr tätigen würde", erklärte Bachmann am Mittwoch. Es tue ihm leid, "dass ich damit den Interessen unserer Bewegung geschadet haben, und ziehe daraus die Konsequenzen". Der Verein weise die Postings Bachmanns vom September "aufs Schärfste zurück", erklärte "Pegida"-Sprecherin Oertel. Sie trügen nicht dazu bei, Vertrauen zu den Zielen und Protagonisten von "Pegida" zu entwickeln.