###mehr-artikel###Gewaltbereite Islamisten soll künftig der Personalausweis entzogen werden können, um sie an einer Ausreise in Kampfgebiete zu hindern. Das Bundeskabinett verständigte sich am Mittwoch auf entsprechende Änderungen im Passgesetz. Das diene der Sicherheit Deutschlands, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Bislang durften Behörden lediglich den Reisepass abnehmen, wenn Personen verdächtigt wurden, sich im Ausland einer terroristischen Vereinigung anschließen zu wollen. Das sei auch in "Hunderten Fällen" geschehen, so de Maizière. Die Opposition sprach von Symbolpolitik.
Verdächtige Terroranhänger sollen künftig einen Ersatz-Personalausweis für bis zu drei Jahre erhalten, der nicht zu einer Ausreise berechtigt. Den müssen sie selbst bezahlen. Bislang gelangten Verdächtige auch ohne Reisepass und trotz Ausreiseverbots über den Landweg durch die EU und die Türkei in Drittstaaten wie Syrien - denn für diese Reise genügt der Personalausweis. Die Regierung weiß von mindestens 20 Fällen, wo Personen trotz Entzugs des Reisepasses und der Aufforderung, in Deutschland zu bleiben, die Bundesrepublik verlassen haben, wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linken hervorgeht.
600 Islamisten aus Deutschland ausgereist
Bislang sind laut de Maizière etwa 600 Islamisten aus Deutschland ausgereist. "Wir wollen nicht, dass aus Deutschland der Terrorismus nach Syrien oder den Irak exportiert wird." Ebenso wolle man nicht, dass Menschen, die dort in Kämpfe verwickelt waren, "wiedereinreisen und in Deutschland Anschläge begehen", ergänzte der CDU-Politiker. Dem Gesetz muss nun noch der Bundestag zustimmen.Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Bundestag, Christine Lambrecht, kündigte zudem an, dass ein weiteres Maßnahmenpaket geplant sei, um terroristische Anschläge zu verhindern. Dazu zähle etwa, das Strafmaß für Reisen in Kriegs- und Krisengebiete zur Vorbereitung solcher Anschläge zu verschärfen. Entsprechende Gesetzentwürfe würden vom Bundesjustizministerium vorbereitet. Lambrecht wies außerdem darauf hin, dass Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) die Mittel für Präventionsprojekte bereits aufgestockt hat.
Kritik kam von den Linken im Bundestag. "Mit ihrer unverhältnismäßigen und ausgrenzenden Politik spielt die Koalition den Demokratiefeinden in die Hände", sagte Fraktionsvize Jan Korte. Die auf Verdacht hin ausgestellten Dokumente könnten "zur umfassenden Stigmatisierung einer Person führen, für die die Unschuldsvermutung gilt". Die Grünen-Politikerin Irene Mihalic verwies darauf, dass es bereits heute möglich sei, Ausreisesperren mutmaßlicher Terroristen bei der Grenzfahndung auszuschreiben. "Statt abenteuerliche Symbolpolitik zu betreiben", müsse die Bundesregierung alles daran setzen, die Ausreisekontrollen an den EU-Grenzen zu intensivieren.
Der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, verwies auf Analogien mit DDR-Methoden. "Mich beschleicht da ein großes Unbehagen, denn dieses Instrument wurde auch in der DDR verwendet. Dies sei kennzeichnend für die Entrechtung des Einzelnen in der SED-Diktatur gewesen. Er glaube nicht, "dass es rechtlich haltbar ist, bestimmte Personen auf Verdacht hin in ihren Grundrechten einzuschränken", betonte Knabe. Bei allem Verständnis für die Bekämpfung des Terrorismus sollte sich die Bundesregierung überlegen, "in welche Tradition sie sich dabei möglicherweise stellt".