Filmkritik: "Frau Müller muss weg"

Foto: dpa/Constantin Film Verleih
Gabriela Maria Schmeide als Frau Müller
Filmkritik: "Frau Müller muss weg"
Kampfeinsatz der Helikoptereltern: Sönke Wortmann hat die populäre Schulkomödie "Frau Müller muss weg" verfilmt.
14.01.2015
epd
Manfred Riepe

In der Klasse 4b steht das Zwischenzeugnis an: Nur wer gute Zensuren hat, darf aufs Gymnasium. Doch in letzter Zeit haben sich die Noten mancher Schülerinnen und Schüler extrem verschlechtert - und dafür ist allein die Klassenlehrerin, Frau Müller, verantwortlich. So sehen es jedenfalls die besorgten Eltern. Und so hat sich eine Delegation zu einem außerplanmäßigen Elternabend zusammengefunden, um Frau Müller zu zwingen, die Klasse abzugeben. Es kommt zum Eklat. Den Tränen nahe, flieht die Pädagogin aus dem Klassenraum, lässt aber seltsamerweise ihr Notenbuch zurück. Als die Eltern spicken, erleben sie eine ordentliche Überraschung.

Der komödiantische Stoff von Sönke Wortmanns neuem Film "Frau Müller muss weg" basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das Wortmann bereits für das Berliner "Grips"- Theater inszeniert hat. In seiner Adaption für die Leinwand behält der Regisseur die bühnenstückartige Struktur bei. Die Demontage der Eltern ist ein Kammerspiel, das die meiste Zeit im Klassenzimmer spielt. Dabei arbeitet sich der Film an dem Modephänomen der sogenannten Helikoptereltern ab. Für ihre Kinder vermeintlich nur das Beste wollend, umkreisen sie sie wie Hubschrauber, überwachen sie mit GPS-Trackern - und setzen sie schon im Mutterleib unter Leistungsdruck.

Am Ende stellt sich heraus, dass die ach so besorgten Eltern ihre Kinder in Wahrheit kaum kennen. Die Schüler fungieren als Avatare, durch die die Eltern ihren Narzissmus ausleben. Deren Spleens werden nacheinander in einem theatralischen Seelenstriptease vorgeführt. Wortwörtlich die Hüllen fallen lässt Anke Engelke, die eine Karrierefrau gibt: Um ihr Blackberry aus dem Schulschwimmbad zu fischen, muss sie sich tatsächlich ausziehen. 

Neben Engelkes kabarettistischer Performance glänzt Justus von Dohnányi als querulatorischer Vater, der mehr Angst vor der Schule hat als seine Tochter. Doch wenn Ken Duken und Mina Tander ihre Ehekrise in der Turnhalle durchkauen, dann sehnt man als Zuschauer den Pausengong herbei. Etwas blass bleibt auch Alwara Höfels als alleinerziehende Mutter des Klassenbesten. Auch von Gabriela Maria Schmeide als Pädagogin (die sowieso die meiste Zeit abwesend ist) hätte man sich mehr Biss gewünscht.

Reizthemen werden ausgespart

"Frau Müller muss weg" ist kurzweilig, auch wenn die Verfilmung eines Theaterstücks naturgemäß visuell nicht rasend viel zu bieten hat. Ehrgeizige Übereltern werden - bis zu einem gewissen Grad - treffend charakterisiert.

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Dass die Doppelstunde einen dennoch kalt lässt, liegt mehr an der Vorlage. Die fünf unterschiedlichen Eltern wirken mitunter wie Karikaturen. So tut der Film keinem weh, selbst ausgemachte Helikoptereltern dürften sich amüsieren. Es fehlt die Balance zwischen komödiantischer Demontage und dem Beharren darauf, dass gewisse Ängste und Befürchtungen von Eltern vielleicht doch berechtigt sind. Immerhin angeschnitten wird zwar das schulische Ost-West-Gefälle; Reizthemen wie kopftuchtragende Lehrerinnen oder Islamunterricht werden dagegen ganz ausgespart.

Regie: Sönke Wortmann. Buch: B: Sönke Wortmann, Lutz Hübner, Oliver Ziegenbalg. Mit: Gabriela Maria Schmeide, Justus von Dohnányi, Anke Engelke, Ken Duken, Mina Tander, Alwara Höfels. Länge: 87 Minuten. FSK: 6.