Ganz in der Tradition von Spionage-Klassikern wie "Der dritte Mann" wird Wien in "Deckname Kidon" Schauplatz geheimdienstlicher Aktivitäten: Nach der als Selbstmord getarnten Ermordung eines iranischen Diplomaten stoßen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) alsbald auf Spuren, die auf eine Beteiligung des Mossad deuten. Der israelische Geheimdienst, so erzählt es jedenfalls das Drehbuch von Max Gruber, sabotiert die Bemühungen des Iran, eine Atombombe zu bauen, durch gezielte und als Unfall getarnte Attentate auf iranische Einkäufer. Diese Operation trägt die Bezeichnung Kidon; offenbar ist ihr auch der tote Diplomat zum Opfer gefallen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Gruber, der Eisner auch schon in einen Bandenkrieg zwischen verschiedenen Wiener Syndikaten geschickt hat ("Operation Hiob"), nutzt das Sujet dieses Polit-Thriller für ein reizvolles Katz-und-Maus-Spiel; und da der Gegenspieler des wackeren Ermittler-Duos mächtige Verbündete hat, lässt der Film keinerlei Zweifel daran, wer die Mäuse sind. Die Katze wiederum wird von einem Schauspieler verkörpert, dem diese Rolle wie auf den Leib geschrieben ist: Udo Samel, seit gut zehn Jahren Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, ist allein durch seine physische Präsenz der perfekte Darsteller eines jovialen Grafen, hinter dessen wohltätiger Fassade sich ein skrupelloser Waffenhändler verbirgt. Die Szenen mit Krassnitzer und Samel sind auch ein darstellerisches Kräftemessen und bilden einen reizvollen Gegensatz zu den mitunter etwas komplizierten technischen Ausführungen.
Eine Action-Komponente hat "Deckname Kidon" auch zu bieten: Um die Ausfuhr einer Lieferung von Ventilen zu stoppen, liefert sich Eisner eine Verfolgungsjagd mit einem Güterzug; ein Hauch von Hollywood im "Tatort" (Regie: Thomas Roth). Auf der anderen Seite erfreut der Film immer wieder mit Pretiosen wie jener skurrilen Szene, als der Graf seine Beziehungen spielen lässt und Eisner einen übereifrigen Verkehrspolizisten auf den Hals hetzt. Hübsch ist auch der Moment, in dem ein einsamer Igel den Weg der Ermittler kreuzt. Dass "Deckname Kidon" dennoch einen etwas bitteren Nachgeschmack hinterlässt, hat mit dem fragwürdigen Schluss zu tun, als die beiden Ermittler tatenlos einer Hinrichtung auf offener Straße zuschauen.