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Eckard Nagel äußerte sich im Deutschlandfunk-Interview skeptisch zur Frage, ob ärztliche Hilfe beim Suizid gesetzlich geregelt werden kann und sollte. Im Ethikrat herrsche eher die Meinung, dass sich derart schwierige Situationen nicht durch ein Gesetz regeln ließen. "Freiheitsgrade, die die individuelle Situation zwischen Arzt und Patient berücksichtigen", müssten erhalten bleiben, betonte der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Essen. Ein ärztlich assistierter Suizid setze immer eine Ausnahmesituation voraus. Kommerzielle Sterbehilfe lehnt Nagel ab.
Die Sterbehilfe-Debatte rühre auch daher, "dass Beziehungen zwischen Ärzten und Patienten nicht mehr so stabil und auf lange Jahre angelegt sind", sagte Nagel. Im stark ökonomisierten Gesundheitssystem sei Zeit ein Kostenfaktor, Ärzte und Patienten spürten einen immer größeren Zeitdruck - "das merken Patienten und das macht sie nervös", sagte der Mediziner.
Viele Menschen hätten das Gefühl, sie kämen im derzeitigen System zu kurz, da müsse die Politik ansetzen. "Das bedeutet: mehr Zeit zu geben und damit auch mehr Geld." Nagel plädierte zudem für einen Ausbau der Palliativmedizin, wo ein anderer Umgang mit Patienten möglich sei. Hier benötige man eine gesetzliche Regelung, um die Finanzierung zu sichern.
Den Wert eines Lebens nicht infrage stellen
Keinesfalls dürften Ältere, chronisch Kranke und Alleinlebende sich ständig mit der Frage konfrontiert sehen: Was bist du wert? In solch einer Situation könne das Angebot der Sterbehilfe zu einer Situation führen, in der der Einzelne unter Druck gerate, warnte Nagel, der auch dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags angehört. Enttäuscht zeigte sich der Mediziner über die Bundestagsdebatte zum Thema. Dort seien "Horrorszenarien" entworfen worden, wonach Menschen ohne eine gesetzliche Regelung des assistierten Suizids in Leiden sterben müssten. "Das ist nicht wahr, aber es macht Menschen Angst", sagte Nagel.
Der Bundestag will in diesem Jahr neue gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe beschließen. Dabei geht es vor allem um die ärztliche Suizidbeihilfe sowie ein mögliches Verbot organisierter Selbsttötung.