Kirchen rufen an Heiligabend zu Solidarität mit Flüchtlingen auf

Kirchen rufen an Heiligabend zu Solidarität mit Flüchtlingen auf
Um den Schicksalen der Menschen ein Gesicht zu geben, sollten die Deutschen persönliche Kontakte zu Flüchtlingen suchen, empfiehlt der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm.

Die Kirchen haben an Heiligabend zur Offenheit gegenüber Zuwanderern und Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, empfahl persönliche Kontakte mit Flüchtlingen. Dadurch bekämen die Schicksale dieser Menschen ein Gesicht, sagte der bayerische Landesbischof am Mittwoch bei einer Begegnung mit Asylbewerbern in einer Erstaufnahmeeinrichtung in München. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, kritisierte in einem Zeitungsbeitrag die europäische Flüchtlingspolitik.Bedford-Strohm sagte, es sei ein Ausdruck von Mitmenschlichkeit, dass schon jetzt so viele Ehrenamtliche den Flüchtlingen zur Seite stehen. Dieses Engagement sei die einzig richtige Antwort auf islamfeindliche Demonstrationen und sei wichtiger als nur theoretische Diskussionen ohne konkretes Handeln.

###mehr-artikel###

Bei einem anschließenden Gottesdienst mit Flüchtlingen und ehrenamtlichen Mitarbeitern aus Kirche und Diakonie in der nahegelegenen Michaelskirche sagte Bedford-Strohm, dass Weihnachten untrennbar mit dem Schicksal von Flüchtlingen verbunden sei. Niemand könne ernsthaft Weihnachten feiern, ohne Anteil zu nehmen an der Situation der Flüchtlinge überall auf der Welt. Denn die Geburt Jesu sei eine Flüchtlingsgeschichte. Das neugeborene Kind sei am Leben geblieben, weil Ägypten der Familie Asyl gewährt habe.

Kardinal Marx kritisierte, in den EU-Ländern hätten Flüchtlinge unterschiedliche rechtliche und soziale Standards. Das Dublin-System funktioniere nicht, die daraus resultierenden Abschiebungen seien keine menschenwürdige Lösung, schrieb Marx in einem Gastbeitrag für den "Münchner Merkur" (Mittwochsausgabe). Der Kardinal sprach sich für ein "gerechtes, gemeinsames europäisches Einwanderungsrecht" aus.

Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge warnte im Zusammenhang mit den "Pegida"-Protesten vor einer Verdrehung von Tatsachen. Die Fakten sprächen eine andere Sprache, sagte Dröge in seiner Predigt an Heiligabend im Berliner Dom: "Unser Land braucht Zuwanderung, um zukunftsfähig zu werden." Die Volkswirtschaft werde nicht geschwächt, sondern gestärkt, wenn Menschen aus anderen Kulturkreisen mit ihren Begabungen und ihrer Arbeitskraft in unsere Gesellschaft integriert werden.

Menschen sollen "füreinander eine Herberge" sein

An der bislang größten Demonstration der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hatten am Montagabend in Dresden etwa 17.500 Menschen teilgenommen. Der Dresdner katholische Bischof Heiner Koch rief die Sachsen in seiner Predigt an Heiligabend zu mehr Mitmenschlichkeit und Offenheit gegenüber Zuwanderern auf. Die Menschen sollten "füreinander eine Herberge" sein und so das Weihnachtswunder heute erleben, sagte Koch laut Redemanuskript in der Dresdner Hofkirche.

Weihnachten erinnert nach Ansicht des evangelischen Landesbischofs Ralf Meister aus Hannover daran, dass alle Menschen gleich viel wert sind. "Die Krippen-Geschichte sortiert die gesellschaftliche Ordnung neu", sagte er an Heiligabend in seiner Predigt in der Marktkirche in Hannover. Nicht die politischen Eliten und auch die nicht Priester, sondern Hirten erführen in der Weihnachtsgeschichte als erste von der Ankunft des Sohnes Gottes. "Diese Geschichte ist zuerst eine Erzählung der Armen, und vor dem Kind in dem schäbigen Stall sind alle gleich", sagte Meister laut Redetext.