Bei aller theologischen Leistung von Weltruhm bleibe das Entscheidende, von Gott zugesprochen zu bekommen, "dass nichts uns trennen kann von seiner Liebe", heißt es in dem Glückwunschschreiben, das am Donnerstag in Hannover veröffentlicht wurde. Für ihn sei Jüngels Theologie immer deswegen so kostbar gewesen, weil sie genau dies ausstrahle, schreibt Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist.
Als Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie habe Jüngel mit seiner Sprachkraft und seiner konzentrierten Auslegung der Bibel sowie seiner Aktualisierung der Theologie Karl Barths ganze Generationen von Studierenden geprägt, hebt der EKD-Ratsvorsitzende hervor. "Seine Vorträge und Vorlesungen galten und gelten als intellektueller Genuss." Jüngels Aufsatz-Bände gehörten zu den gehaltvollsten Texten des vergangenen Jahrhunderts. Der vielleicht bekannteste Text zum Thema "Tod" biete auch in der aktuellen Debatte über Sterbehilfe noch immer Orientierung, schreibt Bedford-Strohm.
"Gott als Geheimnis der Welt"
Jüngel ist am 5. Dezember 1934 in Magdeburg geboren. Nach dem Theologiestudium in Naumburg, Ost-Berlin, Zürich und Basel und der Promotion über "Paulus und Jesus" begann seine lebenslange Lehrtätigkeit. Er unterrichtete in Berlin, Zürich und ab 1969 in Tübingen, wo er heute noch lebt. Dort war er auch 18 Jahre lang Ephorus, also Vorsteher des Evangelischen Stifts. "Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus" heißt Jüngels Hauptwerk (1977). Bis 2013 war Jüngel Kanzler des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste. In der EKD war er nahezu drei Jahrzehnte berufenes Mitglied der Synode, hatte über viele Jahre den Vorsitz in der Kammer für Theologie und gehörte der Kammer für Öffentliche Verantwortung an. Von 2003 bis 2006 war Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg. Zudem war er ein geschätzter Redner auf Kirchentagen.