Soziologe: Fairer Konsum hängt nicht zuerst vom Einkommen ab

Soziologe: Fairer Konsum hängt nicht zuerst vom Einkommen ab
Immer mehr Verbraucher in Deutschland wünschen sich fair und nachhaltig produzierte Lebensmittel - und greifen im Supermarkt dann meist doch zu Billigprodukten.
03.08.2014
epd
Michaela Hütig

Hauptgrund für diesen Widerspruch ist nach Erkenntnis von Frankfurter Wissenschaftlern jedoch nicht das Geld. "Beim Kauf fairer Lebensmittel ist das Einkommen nicht die zentrale Barriere", sagte Georg Sunderer vom ISOE-Institut für sozial-ökologische Forschung dem Evangelischen Pressedienst (epd): Das Hauptproblem sei die Macht der Gewohnheit.

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"Wenn man schon seit Jahren im Laden um die Ecke einen bestimmten Kaffee oder eine bestimmte Butter kauft, denkt man beim Einkauf gar nicht mehr nach", erklärte der Soziologe. "Es muss einem erst einmal im richtigen Moment bewusstwerden, dass es auch anders geht." Gerade am Supermarktregal nehme sich der Verbraucher nur wenige Sekunden Zeit für seine Kaufentscheidung. Zudem sei ethischer Konsum häufig mit einem Mehraufwand verbunden, etwa um in ein weiter entferntes Geschäft zu fahren.

Neben der Routine spielen laut Sunderer auch persönliche Vorlieben eine große Rolle: "Wenn man etwa bei Schokolade eine Lieblingssorte hat, die es nicht fair gehandelt gibt, fällt der Verzicht natürlich schwer." Außerdem seien viele Verbraucher beim nachhaltigen Konsum noch unsicher und überfordert. Studien zeigten immer wieder, dass noch viel Wissen fehle, etwa darüber, wo faire Produkte erhältlich seien und was die einzelnen Gütesiegel bedeuteten, sagte der Wissenschaftler. Und: Die Kunden hätten Zweifel, ob ihr kleiner Beitrag tatsächlich eine Wirkung habe und etwa bei regionalen Produzenten ankomme.

Daher sei eine bessere Aufklärung über umwelt- und sozialverträgliches Einkaufen notwendig, forderte der Experte: "Es sollte nicht so sein, dass der Verbraucher erst einen langen Beipackzettel studieren muss, um zu wissen, wie nachhaltig ein Produkt ist." Politik und Unternehmen müssten für mehr Transparenz sorgen. Die Flut an unterschiedlichen Zertifikaten, Siegeln und Labels müsse durch wenige, verlässliche Prüfzeichen ersetzt werden.

Jüngsten Studien etwa des Nielsen-Instituts zufolge legen die Verbraucher in Deutschland beim Einkauf immer mehr Wert darauf, dass Produkte unter fairen Arbeitsbedingungen und unter Einhaltung ökologischer Standards gefertigt wurden. Zugleich sind die Deutschen in Europa weiterhin die Schnäppchenjäger Nummer eins.