Arbeitsuchende Europäer haben in Deutschland keinen Anspruch mehr auf Hartz IV. Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Frankfurter Rundschau". Die Bundesrepublik habe bereits im Dezember Vorbehalt gegen ein Übereinkommen im Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) angemeldet, sagte der Sprecher. Im Februar hatte das Ministerium die Bundesagentur für Arbeit in einer Geschäftsanweisung beauftragt, die Neuregelung umzusetzen.
Im EFA haben sich 1953 insgesamt 17 Staaten des Europarates, darunter auch die Türkei, zu Fürsorgeleistungen für die Bürger eines jeweiligen anderen Landes verpflichtet. In Deutschland hatten Zuwanderer, die aus einem dieser Länder stammen, somit nach einer dreimonatigen Sperre Anspruch auf Hartz IV. Für Bürger anderer Staaten, darunter vor allem die später zur EU beigetretenen Staaten Osteuropas, galt dies nicht. Mit dem Vorbehalt gegen das EFA solle die bisherige Situation harmonisiert und allen EU-Bürgern gleiches Recht zugesprochen werden, sagte der Sprecher.
Ferner: "Bundesregierung fällt sozialpolitisch auf den Stand vor 1953 zurück"
Bei Arbeitsuchenden aus Europa, die bisher Hartz IV in Deutschland beziehen, soll laut der Geschäftsanweisung die Bewilligung geprüft werden. Nach Angaben des Ministeriumssprechers sind sie von der Neuregelung nicht betroffen.
Die Wirksamkeit des EFA bei Hartz-IV-Leistungen hatte im Herbst 2010 ein Franzose vor dem Bundessozialgericht eingeklagt. Das Gericht entschied damals, dass der nach dem Sozialgesetzbuch geltende Leistungsausschluss für EU-Bürger nicht für Menschen aus den Ländern gilt, die das Fürsorgeabkommen unterzeichnet hatten. Einen Vorbehalt gegen diese Regelung im EFA hatten nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bereits Norwegen, Großbritannien, Bosnien-Herzegowina und die Türkei geltend gemacht.
Oppositionsvertreter kritisierten die Pläne. "Die Zahl derjenigen Zuwanderer, die direkt nach der Ankunft in Deutschland Hartz IV beantragt haben, geht gegen null", sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner, der "Frankfurter Rundschau". Die Bundesregierung falle mit Blick auf arbeitswillige Migranten aus der EU "sozialpolitisch auf den Stand vor 1953 zurück", so Ferner. Nach Angaben der Nürnberger Bundesanstalt besteht "eigentlich kein Handlungsbedarf", da Zuwanderung aus EU-Ländern in die deutschen Sozialsysteme "bislang nur im Einzelfall aufgetreten" sei.