Frank Reh ist ein "Grüner Engel". Der Frührentner aus dem sächsischen Chemnitz hilft ehrenamtlich in einem kleinen Projekt zur Betreuung von Demenzpatienten, getragen von einem Verein. Einmal wöchentlich besucht Reh eine 91-jährigen Frau. "Die weiß nicht mehr so recht, warum ich komme", erzählt er lächelnd. Aber wenn er sich geduldig ihre Krankheitsbeschwerden angehört hat, mit der Seniorin geplaudert und Kaffee getrunken hat, dann ist für sie wieder ein Tag nicht ganz so einsam vergangen - und die Tochter hatte Entlastung. Für die Kosten kommt die Pflegekasse auf.
Mit anderen Demenzkranken geht Reh spazieren, lässt sich Fotoalben zeigen oder spielt Memory. Solche Angebote gibt es bundesweit unter verschiedenen Namen. Oft sind es Pflegedienste und Sozialstationen, die derlei ambulante Hilfen ergänzend anbieten. Geschulte Betreuungskräfte können auch als Selbstständige aktiv werden.
Gesetzliche Grundlage für Betreuungsübernahmen
Ein Anruf genügt, dann wird beim Antrag an die Pflegekasse geholfen, verspricht Kirsten Prehm, Leiterin des "SeniorPartner" der Hamburger Diakonie. 13 Kriterien umfasse das Formular. Hier muss dokumentiert werden, dass für den Angehörigen ein "erheblicher allgemeiner Betreuungsbedarf" besteht. Wer durch Verwirrtheit seinen Alltag nicht mehr wie früher gestalten, wer von alleine nicht mehr genügend isst und trinkt, für den kann die Expertin schon mal zwei Kreuze in dem Papier machen. Wer darüber hinaus etwa von zu Hause wegläuft ohne zurückzufinden, mit Wechselgeld nicht mehr umgehen kann oder Absprachen sofort vergisst, für den können 200 Euro, die doppelte Summe, monatlich beantragt werden.
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Im Juli 2008 wurde im Rahmen der ersten Pflegeversicherungsreform die gesetzliche Grundlage dieser Betreuungsübernahmen geschaffen. Ehrenamtliche Helfer müssen mindestens zwanzig Stunden lang geschult werden, bevor sie zum Einsatz kommen dürfen.
"Wie finde ich Zugang zu Demenzkranken, wie gehe ich auf ihre Bedürfnisse ein?" Auf diese und viele andere Fragen hat Schwester Monika Bäuerle von der "Nachbarschaftshilfe" in Vaihingen an der Enz eine Antwort. Sie vermittelt Helfer aus den verschiedensten Berufen. Dabei werde darauf geachtet, mögliche gemeinsame Interessen von Betreuer und Betreutem, etwa bei der Musik, zusammenzubringen.
"Man merkt, sie warten auf mich"
Für die Einsätze fallen beim Vermittler bundesweit unterschiedlich hohe Kosten an. Das richtet sich etwa nach dem Aufwand für festangestelltes Personal, für Räume oder auch danach, ob noch Fördermittel und Spenden an den Anbieter fließen. In Vaihingen kostet die Einsatzstunde 13 Euro plus eine Wegepauschale von 3,30 Euro. Beim SeniorPartner in Hamburg sind acht Euro fällig. Die "Grünen Engel" in Chemnitz kosten fünf Euro plus Fahrgeld. Zum Vergleich: Die Betreuung durch hauptamtliche Fachkräfte kostet bis zu 35 Euro je Stunde.
Die freiwilligen Helfer erhalten maximal die steuerfreie Aufwandspauschale in Höhe von 2.100 Euro im Jahr (pro geleisteter Stunde zwischen drei und neun Euro). Doch ihnen geht es ohnehin nicht primär ums Geld: Wichtiger sei die Anerkennung und der Dank der Betreuten. "Man merkt, sie warten auf mich", berichtet Frank Reh.
Angehörige lassen Finanzhilfen ungenutzt
Diese Form der Hilfe wird immer mehr in Anspruch genommen: "Das explodiert förmlich", berichtet Kirsten Prehm. Auch bei der Vaihinger Nachbarschaftshilfe spricht man von einem Boom, die Zahl der Betreuten hat sich in zwei Jahren verdoppelt. Entsprechend zeigt die Ausgabenstatistik der Pflegeversicherung steil nach oben: seit 2008 ist dieser Bereich um das Fünffache auf 300 Millionen Euro angestiegen.
Doch noch zögern viele Angehörige zu lange, sich diese Entlastung zu sichern. Prehm: "Wenn wir früher einbezogen werden, kann man das Leben zu Hause mit den Kranken meist noch besser aufrecht erhalten als wenn die Angehörigen schon völlig erschöpft sind." Dann sei das Pflegeheim bald unausweichlich. Die Heimunterbringung schlägt mit fast 50 Prozent der Kosten der Pflegeversicherung zubuche. Auf die Betreuung durch ehrenamtliche Helfer entfallen gerade mal 1,5 Prozent.