Ein Chor, mit dem man „Pferde stehlen kann“

Ein Chor, mit dem man „Pferde stehlen kann“
Die Montabaurer Kantorei zählt zu den Filetstücken der Kirchenmusik im Westerwald. Seit ihrer Gründung zeichnet sich der Chor nicht nur durch sein hohes Niveau aus; er ist auch ein gutes Beispiel für eine clevere Finanzierungsidee. Denn die Kantorei wird nicht nur von einer Gemeinde und dem Dekanat, sondern auch von dem eigens dafür ins Leben gerufenen Förderverein „Musica Sacra“ mit Mitteln unterstützt.
09.02.2012
Von Peter Bongard

Die Geburtsstunde der Kantorei schlug vor rund zwölf Jahren: 1999 gründete Dekanatskantor Jens Schawaller in Montabaur einen Kirchenchor. Da dessen Mitglieder aber nicht nur aus der Kreisstadt, sondern auch aus anderen Gemeinden der Region kamen, wurde aus der Montabaurer Kantorei schon bald ein Kammerchor für das Dekanat.
Deren Finanzierung stand damals freilich noch in den Sternen. Michael Müller, der Vorsitzende des Fördervereins „Musica Sacra“, erinnert sich: „Die Montabaurer Gemeinde unterstützte schon damals den Verein ,Scheinwerfer' und später auch den ,Lichtblick'. Um die Gemeinde und das Dekanat zu entlasten und finanziell eigenständiger zu sein, schlug Jens Schawaller im Jahr 2007 zusätzlich die Gründung eines Fördervereins vor.“ Dessen Mitglieder zahlen einen Beitrag, der dann beispielsweise für Noten, Podeste, Pulte, Leuchtmittel, Instrumente, Präsente und Gagen für Gastmusiker verwendet wird. Zudem werden auch Spenden und Kollekten satzungsgemäß eingesetzt.

Geld, das gut angelegt ist, findet der Vorsitzende. Denn die Kantorei hat sich dank vieler hervorragend besuchter Konzerte einen guten Ruf im Dekanat ersungen. Und das Niveau ist für einen Laienchor hoch: Die Sängerinnen und Sänger wagen sich regelmäßig an anspruchsvolle Werke wie Händels Messias, die Matthäus-Passion von Heinrich Schütz, Passagen aus dem Bach'schen Weihnachtsoratorium oder die Dvorak-Messe. Allerdings vermeiden es die Vokalisten, solche opulenten Werke an einem Stück aufzuführen. „Nicht, weil wir es nicht könnten, sondern weil es unserem Konzept widerspräche“, sagt Jens Schawaller, der die Kantorei leitet. „Denn wir denken dezentral: Wir reisen durch die verschiedenen Gemeinden des Dekanates und führen dort die Werke auf. Einige der Kompositionen setzen allerdings ein großes Orchester voraus, was in kleinen Kirchen räumliche Probleme bedeuten würde. Aber wir wollen eben alle Gemeinden des Dekanats besuchen – nicht nur die großen.“

Apropos Orchester: Wenn die Kantorei dann doch mal auf instrumentale Begleitung angewiesen ist, greift sie gerne auf die Erfahrung des Diezer Instrumentalensembles zurück. Doch die Qualität kann sich auch ohne Orchester sehen lassen, ist Michael Müller überzeugt: „Jens Schawaller probt auf den Punkt. Selbst bei der Generalprobe verändert er immer noch Dinge, sodass es für die Sänger bis zum Schluss spannend und herausfordernd bleibt. Und die Musik wird dadurch ungeheuer lebendig. Man hört einfach, dass jeder im Chor sein Bestes geben will.“

Bei der „Nacht der Kirchenmusik“ am 18. März in der Evangelischen Kirche Selters wollen sich die Mitglieder der Kantorei ab 18.30 Uhr natürlich wieder ins Zeug legen – nicht nur stimmlich: „Man kann mit dem Chor und ,Musica Sacra' Pferde stehlen“, meint Jens Schawaller. „Sie zeigen bei jeder Veranstaltung ein tolles Engagement und werden natürlich auch während der ,Nacht der Kirchenmusik' Ansprechpartner und Helfer sein.“