Trauer und Fassungslosigkeit in Belgien: Einen Tag nach der Bluttat in Lüttich geht das Rätselraten um das Motiv des Täters weiter. Der 33-Jährige, der Granaten warf und offenbar wahllos mitten im weihnachtlichen Einkaufstrubel auf die Menschen schoss, war der Polizei als gewalttätig bekannt und bereits wegen illegalen Waffenbesitzes vorbestraft. Er sei ein Einzeltäter gewesen, ein terroristischer Hintergrund werde ausgeschlossen, teilten die Behörden mit. Nach der Tat hatte sich der Mann den Angaben zufolge selbst erschossen.
Mittlerweile wurde bekannt, dass der Attentäter bereits vor seiner Bluttat im Zentrum der belgischen Stadt eine Frau getötet hat. Die Staatsanwaltschaft bestätigte der belgischen Nachrichtenagentur Belga entsprechende Medienberichte. Die Leiche einer Frau um die 40 Jahre sei in einem Schuppen nahe der Unterkunft des Täters Nordine A. gefunden worden. Der Radiosender RTBF berichtete am Morgen, es handle sich um die Putzfrau des Amokläufers.
Baby stirbt nach Anschlag
Der Täter war für den Dienstag zu einer Anhörung bei der Polizei geladen, dort aber nicht erschienen. Er hatte stattdessen in der Nähe eines Weihnachtsmarkts auf einem Platz im Zentrum Lüttichs Handgranaten gezündet und wahllos um sich geschossen. Danach tötete er sich selbst - möglicherweise unabsichtlich, wie der Lütticher Staatsanwalt Cédric Visart de Bocarmé der Nachrichtenagentur Belga sagte.
Unter den Toten sind der Täter selbst und ein Baby, das in der Nacht im Krankenhaus gestorben war. 125 Menschen seien verletzt worden. Mehrere von ihnen befanden sich am Mittwochmorgen noch in kritischem Zustand, darunter ein 20-Jähriger, der schwere Hirnverletzungen erlitten hatte. Viele der Opfer seien von Geschossen oder Splittern verletzt worden, hieß es.
Am Mittwochabend sollte nach einem Bericht des belgischen Rundfunks RTBF mit einer Schweigeminute vor dem Fußball-Europa-League-Spiel des RSC Anderlecht gegen Lokomotive Moskau der Opfer gedacht werden.
Attentäter war der Polizei bekannt
Wie die Lütticher Staatsanwältin Danièle Reynders mitteilte, war der 33-Jährige wegen seiner Gewaltdrohungen polizeibekannt. 2008 war er wegen illegalen Waffenbesitzes und Cannabisanbau zu knapp fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Am Dienstag sollte er zu einer Anhörung bei der Polizei erscheinen, tauchte dort aber nicht auf. Die belgische Innenministerin Joëlle Milquet sagte dem Radiosender RTBF laut Belga, der Täter habe möglicherweise gefürchtet, wieder in Haft zu kommen, falls er zur angesetzten Anhörung erscheine.
Der Anschlag ereignete sich gegen Mittag auf dem St.-Lambert-Platz in der Innenstadt, gleich neben einem Weihnachtsmarkt. Der Attentäter wohnte ganz in der Nähe. Er warf nach ersten Erkenntnissen mehrere Handgranaten auf eine Bushaltestelle, an der viele Menschen warteten, dann schoss der 33-Jährige auf die Wartenden.
Belgien trauert um Opfer des Anschlags
Das Blutbad sorgte für Entsetzen und tiefe Trauer. Der belgische Premierminister Elio Di Rupo besuchte ebenso wie König Albert II. den Tatort. "Das ganze Land teilt ihren Schmerz", sagte Di Rupo an die Adresse der Familien der Opfer. Er betonte, es habe sich um einen Einzeltäter und nicht um Terrorismus gehandelt. Auch der Lütticher Bürgermeister Willy Demeyer sprach von einer "Einzeltat, die tiefe Betroffenheit im Herzen der Stadt gesät hat". Die Regierung setzte ein Sondertreffen der Minister für Mittwochmorgen an.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Abend in Berlin: "Wir trauern mit Belgien um die Opfer dieses Verbrechens. Den Angehörigen und Freunden gilt unser Mitgefühl, und den Verletzten wünschen wir baldige Genesung." Führende EU-Politiker bekundeten ebenfalls ihr Beileid.