Das erste Museum zur Geschichte des Pflegens

Das erste Museum zur Geschichte des Pflegens
In Düsseldorf gibt es das erste Museum zur Geschichte des Pflegens. Die Dauerausstellung im Haus Tabea zeigt seit dem 25. November 2011 im ehemaligen Diakonissen-Krankenhaus die Entstehung der professionellen Krankenpflege in Deutschland und stellt dabei den evangelischen Theologen Theodor Fliedner (1800-1864) und die Begründung des neuzeitlichen Diakonissenamtes in den Mittelpunkt.
22.11.2011
Von Gabriele Fritz

"Es ist ein köstlich Vorrecht, Diaconissinn sein, oder irgendwie dies selige Amt fördern", schrieb die Vorsteherin der Kaiserswerther Diakonissenanstalt, Caroline Fliedner, 1844 an ihren Mann Theodor Fliedner. Der evangelische Theologe und Gemeindepfarrer hatte acht Jahre zuvor mit seiner ersten Frau Friederike die Diakonissenanstalt Kaiserswerth im Norden Düsseldorfs als Ausbildungsstätte für evangelische Pflegerinnen begründet. Damit legte Fliedner vor 175 Jahren einen Grundstein für die Professionalisierung der Krankenpflege. An historischem Ort ist das erste öffentlich zugängliche Museum zur Geschichte der Pflege eröffnet worden, das offiziell "Museum zur Kultur des Helfens" benannt wurde.

Das Museum verknüpfe den historischen Rückblick auf das 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem besonderen Einfluss Fliedners, sagt Norbert Friedrich, Leiter der seit 2002 bestehenden Fliedner-Kulturstiftung und verantwortlich für das Museum. Im sanierten denkmalgeschützten Gebäude von 1903 auf dem Diakoniegelände betreten Besucher das einstige Diakonissen-Krankenhaus. In den ehemaligen Krankenzimmern von "Haus Tabea", in denen die Diakonissen selbst Pflege erfuhren, finden sich Texttafeln, Fotos, Hörstationen und Originalexponate zu einem Dutzend Themenfelder.

Ein Arbeitszimmer im Kuhstall

Neben Caroline Fliedners Gesangbuch sind etwa Theodor Fliedners Schreibtisch und sein Sessel mit verstellbarer Rückenlehne Teil der Dauerausstellung. Der lungenkranke Mann, der sich später zur verbesserten Luftbefeuchtung sein Arbeitszimmer in Ratingen mit Kühen in einem angrenzenden offenen Stall teilte, steuerte von dem grünen Sessel aus die Organisation seiner Einrichtungen und Projekte. Was trieb Fliedner an, von seiner kleinen Diasporagemeinde inmitten des katholischen Rheinlands aus durch die Einführung des modernen Diakonissenamtes die Krankenpflege und Erziehungsarbeit in Kindergärten und Volksschulen zu professionalisieren?

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Im Museum tragen Textfahnen die Antworten: Evangelisches Christentum, Monarchismus, Patriotismus und Philanthropie. Fliedner war auf seinen Kollektenreisen nach Holland und England mit der Erweckungsbewegung in Berührung gekommen, wie der Historiker und Theologe Friedrich erläutert. Durch gute Taten und ein demütiges Leben strebte Fliedner an, Gottes Werk zu tun und das evangelische Christentum vor Ort und auch im Heiligen Land zu verbreiten. "Bisweilen auch gegen den Willen der Betroffenen", heißt es in der Ausstellung.

Der Monarchist Fliedner lehnte die Forderung der März-Revolutionäre nach Demokratie strikt ab. Dafür genoss er eine bevorzugte Stellung beim preußischen Königshaus, das ihn oft aus finanzieller Not befreite. Angesichts weitgehend fehlender staatlicher Armen- und Gesundheitsfürsorge waren es die Kirchen und gemeinnützige Stiftungen, darunter auch die Kaiserswerther Anstalten, die Armut, Hunger und Krankheit in Zeiten der industriellen Revolution linderten.

Ausbildungskonzepte für Diakonissen

Fliedner sah, dass geistliche Angebote ohne praktische Hilfen wirkungslos bleiben mussten. In der Diakonissenanstalt bot er erstmals christlich engagierten Frauen die Möglichkeit einer praktischen und theoretischen Ausbildung und einer anschließenden Berufstätigkeit. Das Mutterhaus garantierte wiederum Lebensunterhalt und Versorgung bei Krankheit und im Alter.

Der Ruf der Kaiserswerther Ausbildungsstätte drang bis nach England. Florence Nightingale, nach der seit 1975 das Krankenhaus der Kaiserswerther Diakonie benannt ist, reiste an den Rhein, um sich dort 1851 ausbilden zu lassen. Die Diakonissenanstalt wuchs stetig. Den höchsten Stand erreichte sie 1936 mit fast 2.000 Diakonissen. Auch wenn heute die Schwesternschaft nur noch rund 140 Frauen umfasst, so bieten die modernen berufsbildenden Schulen im Bereich Gesundheitswesen und Erziehung rund 1.700 Ausbildungsplätze.

Mehr Informationen zum "Museum zur Kultur des Helfens"  unter www.fliedner-kulturstiftung.de.

epd