Herr Duken, wie oft haben Sie sich für Ihre Rolle als U-Boot-Kommandant im Zweiten Weltkrieg den Klassiker "Das Boot" angesehen?
Ken Duken: Mehrmals. Aber um es gleich vorweg zu sagen: Das ist für mich ein unerreichbarer Film, schon als Kind war ich tief beeindruckt. Jürgen Prochnow ist genial als Kapitän.
Haben Sie sich für den Zweiteiler "Laconia" etwas bei ihm abgeschaut?
Duken: Nein, nicht bewusst. Ich wollte ja dem Kapitän Werner Hartenstein gerecht werden. Das war mir wichtig, denn ich habe viele Zeitzeugenberichte gelesen, und alle haben mit höchstem Respekt über ihn geschrieben, ihn als sehr warmherzigen, humorvollen und ehrlichen Menschen geschildert.
Die Geschichte ereignete sich 1942 und wirkt vom heutigen Standpunkt aus betrachtet seltsam: Erst torpedierte der deutsche U-Boot-Kommandant das englische Truppenschiff "Laconia", dann rettete er die Überlebenden.
Duken: Natürlich ist das alles sehr ambivalent. Aber mal ehrlich: Erklären Sie mir den Krieg. Wann darf man morden und wann nicht? Die deutschen U-Boot-Fahrer hatten einen extremen Ehrenkodex, viele Schiffe wurden erst versenkt, nachdem sich die Mannschaft in Rettungsboote flüchten konnte. Und man sieht in einigen Filmszenen ja auch, dass die Soldaten das Geschäft des Mordens quasi sportlich betrachtet haben: Es ging ums Versenken von Bruttoregistertonnen. Aber als sie nach dem Untergang der Laconia beobachteten, wie Frauen, Kinder und Kriegsgefangene im offenen Ozean um ihr Leben kämpften, konnten sie es nicht mehr so distanziert sehen.
"Erst mit meiner Generation ist die Chance da,
das Ganze neutraler zu bewerten"
Hatten Sie vor dem Film schon mal von dem Vorfall gehört?
Duken: Für mich war es gefährliches Halbwissen, ich hatte ein paar Fetzen aufgeschnappt, aber die wirkliche Geschichte und den Ablauf kannte ich nicht.
Ist es nicht verblüffend, dass bislang so wenig über diese hochdramatischen Ereignisse bekannt war?
Duken: Vielleicht ist es erst heute möglich, eine Geschichte zu erzählen, in der die Deutschen nicht bloß die bösen, eiskalten Killer sind, sondern auch menschliche Züge haben. Erst mit meiner Generation und die meiner Kinder ist die Chance da, das Ganze neutraler zu bewerten. Ich bin Jahrgang 1979, und wenn ich früher gereist bin und als Deutscher erkannt wurde, bin ich oft angefeindet worden. Seit der Fußball-WM 2006 hat sich das Deutschlandbild komplett gedreht – weg vom Stereotyp des bellenden Nazis aus den alten Nazifilmen von früher.
Sie haben ja schon in mehreren Filmen deutsche Soldaten gespielt. Waren Sie eigentlich bei der Bundeswehr?
Duken: Nein, ich bin ausgemustert worden.
Und wenn Sie tauglich gewesen wären?
Duken: Ich hätte definitiv Zivildienst gemacht. Ich bezeichne die Filme, die ich mache, ja auch als Antikriegsfilme. Ich will eine Botschaft transportieren. Der Film "Willkommen zuhause" über einen Afghanistan-Heimkehrer hat etwas bewegt, Hilfe für traumatisierte Soldaten angeregt. Das bedeutet mir viel. Ich habe vielleicht keinen Wehrdienst geleistet, aber das ist eben meine Form von Dienst.
"Das Problem der heutigen Gesellschaft ist doch,
dass viele Leute keine Werte mehr haben"
Und was wollen Sie mit "Laconia" bewegen?
Duken: Ich wollte keinen distanzierten Helden verkörpern, sondern jemanden, mit dem sich die Zuschauer identifizieren können, damit ihnen klar wird: Es gibt Gelegenheiten, in denen ich selber heldenhaft reagieren kann. Das Problem der heutigen Gesellschaft ist doch, dass viele Leute keine Werte mehr haben. Das Heldenhafte von Hartenstein war seine Humanität. Dass er allen militärischen Zwängen zum Trotz, ungeachtet der Konsequenzen, die das für ihn haben konnte, seinen Werten treu geblieben ist. Ein Held ist für mich nicht derjenige, der überhaupt keine Angst hat und nach vorne prescht, sondern derjenige, der seine Angst besiegt.
Wie genau haben Sie sich auf Ihre Heldenrolle vorbereitet?
Duken: Ich habe wahnsinnig viel über die ganze Sache gelesen, bestimmt 30, 40 Wälzer Sekundärliteratur, die ich von Regisseur Uwe Janson bekommen habe. Darin erzählen unter anderem die Schiffbrüchigen von ihrem Martyrium auf den Rettungsbooten.
Gab es denn auch ein U-Boot-Training?
Duken: Es gab ein eintägiges Bootcamp, da wurden wir in Südafrika auf einem echten U-Boot eingewiesen, wie man sich da zu verhalten hat, wie man an Bord geht, wie man sich durchschleust. Da ist es sehr eng, da gibt es keine Intimsphäre – das war bestimmt nicht leicht für die Seeleute.
Und für die Schauspieler bei den Dreharbeiten?
Duken: Auch für uns war es bei den Dreharbeiten teilweise schwierig. Vor allem, als wir auf dem schwimmenden U-Boot-Modell waren, das im offenen Meer vor Kapstadt lag. Wenn einer von uns auf die Toilette wollte, musste ein Boot kommen und ihn in den Hafen bringen. Auch die ganzen Komparsen zu versorgen, die all die Schiffbrüchigen gespielt haben, war nicht einfach.
Waren Sie eigentlich je zuvor bei so aufwändigen Dreharbeiten dabei?
Duken: Ich hatte ja bereits einige Großprojekte wie "Krieg und Frieden", deshalb waren die Dimensionen nicht völlig neu für mich. Aber "Laconia" ist auf der einen Seite ein opulentes Spektakel fast wie aus Hollywood, und auf der anderen Seite doch ein Kammerspiel. Also eigentlich ein echtes Traumprojekt.
Es ist ein 13 Millionen Euro teures Fernsehspektakel der Superlative und erzählt eine verblüffende, kaum bekannte Episode aus dem Zweiten Weltkrieg: Der Zweiteiler "Laconia" läuft am 5. November ab 20.15 Uhr bei Einsfestival. Das TV-Programm sendet beide Teile direkt hintereinander.