Strahlungsanstieg in Gorleben: Ruf nach Castor-Stopp

Strahlungsanstieg in Gorleben: Ruf nach Castor-Stopp
Ein Anstieg von Strahlenwerten am Atomlager Gorleben könnte den Castortransport im Herbst ausbremsen. Zwar sieht Niedersachsens Umweltministerium keine akute Gefahr, hat aber auch keine Erklärung für die erhöhten Werte. Gegenmaßnahmen im Lager zeichnen sich ab.

Nach einem Anstieg von Strahlenwerten am Atommüll-Zwischenlager Gorleben werden Forderungen nach einem Verschieben des nächsten Castor-Transportes im November lauter. Für die Umgebung gebe es keine akute Gefahr, erklärte das niedersächsische Umweltministerium als zuständige Atomaufsicht am Freitag. Bei einem Expertentreffen am kommenden Dienstag solle der Betreiber des Lagers aber erklären, wie die Jahresgrenzwerte eingehalten werden können. Nur wenn dies gewährleistet sei, könne es im Oktober grünes Licht für den Castor-Transport geben.

Der Halbjahreswert für Neutronenstrahlung am Lagerzaun lag nach Angaben des Ministeriums im vorigen Jahr bei 0,23 Millisievert, in diesem Jahr bei 0,27 Millisievert. Aufs Jahr betrachtet ist ein Wert von 0,30 Millisievert erlaubt.

Es sei möglich, dass die Steigerung daraus resultiere, dass ein Messpunkt um vier Meter versetzt worden sei und damit näher an der Lagerhalle liege. Messungen der Strahlung an den eingelagerten Castor-Behältern im vergangenen Jahr hätten zumindest keine erhöhten Werte ergeben.

Greenpeace: Castoren nach Philipsburg umleiten

Um den nächsten Castor-Transport dennoch ins Lager bringen zu können, sei es denkbar, die Neutronenstrahlung durch Abschirmmaßnahmen abzufangen. Helfen könne auch ein Umstellen der Behälter innerhalb des Lagers, um den Abstand zum Zaun zu erhöhen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte, dass der Castor-Transport nicht ins Wendland rollen dürfe. "Die gestiegene Strahlung am Zwischenlager bekräftigt unsere Forderung, die Castor-Transporte nach Gorleben umgehend zu stoppen und künftig in das grenznahe Zwischenlager am AKW Philippsburg umzuleiten", sagte Atomexperte Heinz Smital. Insgesamt elf Castor-Behälter mit hoch radioaktivem Müll sollen im Herbst aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben gebracht werden.

Der Castor-Transport müsse umgehend abgesagt werden, forderte am Freitag auch die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, in der Atomkraftgegner aus der Region Gorleben versammelt sind, sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Sorge um den Grenzwert bei der vierfachen Castoren-Menge

Dem Ruf nach einem Stopp des Castor-Transports schlossen sich Vertreter der Grünen, Linken und der SPD an. Wenn schon bei 102 eingelagerten Castor-Behältern der Grenzwert erreicht werde, sei an die geplante Einlagerung von 420 Behältern nicht zu denken, sagte der niedersächsische Linken-Abgeordnete Kurt Herzog. "Wir haben immer gesagt, dass diese Halle in Gorleben eher für die Lagerung von Kartoffeln geeignet ist."

Die aus der Region stammende Euro-Parlamentarierin der Grünen, Rebecca Harms, sagte, es könnte sein, dass die Abschirmleistung der Leichtbauhalle einfach nicht ausreiche, wenn weiterhin Behälter mit großem radioaktiven Inventar eingelagert werden.

Eine sorgfältige Analyse der Situation forderte der umweltpolitische Sprecher der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer. "Erst, wenn Klarheit über die zukünftige Entwicklung der Strahlung besteht, kann die Frage nach dem nächsten Castor-Transport nach Gorleben gestellt werden."

dpa