Der Papst sollte eine charismatische Führungsrolle einnehmen, fordert der emeritierte Marburger Professor in einem Beitrag für die am Donnerstag erscheinende "Zeit"-Beilage "Christ und Welt". In außergewöhnlichen Situationen könne der Papst dann "im Namen der ganzen Christenheit" sprechen. Mit einem gemeinsamen Ehrenoberhaupt würde das Christentum seine Botschaft glaubwürdiger vertreten "als eine in Tausende Kirchen gespaltete Religion". Das Reformationsjubiläum im Jahr 2017, bei dem an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnert wird, sei der richtige Anlass, um diese Vision zu verwirklichen.
Wegen seines ökumenischen Engagements sei der Papst schon jetzt ein "Sprecher aller Christen". Für die Umsetzung dieses Vorschlages forderte Frieling von der katholischen Kirche Kompromisse: "Zugunsten einer neuen Führungsrolle müsste der Papst häufig auf eine hierarchische Durchsetzung seines gesetzgeberischen Anspruchs verzichten". Zudem müssten die reformatorischen Kirchen ihre "Selbstgenügsamkeit" aufgeben und "mutig ökumenische Konsequenzen" ziehen.
Gegen evangelische "Selbstgenügsamkeit"
Einen ähnlichen Vorschlag, der auf eine Kritik in Kirchen und Öffentlichkeit stieß, hatte bereits vor zehn Jahren der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich gemacht. Als Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands hatte Friedrich damals gesagt, er könne sich grundsätzlich einen ökumenisch akzeptierten "Sprecher" der Weltchristenheit im Dienste der Einheit zwischen den Kirchen vorstellen. Der Papst besucht vom 22. bis 25. September Deutschland. Dabei ist auch eine Begegnung mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Erfurter Augustinerkloster geplant.