Die besondere Stellung des Königs in der anglikanischen Staatskirche geht auf Heinrich VIII. (1491-1547) zurück. Berühmt wurde er wegen seiner sechs aufeinander folgenden Ehen, die sich mit einem Abzählreim so zusammenfassen lassen: "Geschieden, Geköpft, Gestorben, Geschieden, Geköpft, Überlebt".
Ehefrau Nummer eins, Katharina von Aragón, schenkte ihm nicht den gewünschten Thronfolger, so dass sich Heinrich anders orientieren wollte und Anne Boleyn als neue Königin erwählte. Der Scheidung von seiner ersten Frau stimmte der Papst jedoch nicht zu. Genau genommen muss man juristisch korrekt formulieren, Rom verweigerte die Annullierung dieser Ehe, denn eine Scheidung gibt es nach katholischem Recht nicht.
Los von Rom, dann Ehe annulliert
Ohne eine Nichtigkeitserklärung konnte Heinrich jedoch nicht seine neue Geliebte heiraten und auf einen legitimen Thronfolger hoffen. Daher nahm er das Heft selbst in die Hand und löste die englische Kirche von Rom und machte sich selbst zu ihrem Chef. Nun konnte er seine Ehe annullieren lassen und Frau Nummer zwei heiraten. Das Parlament billigte in der Suprematsakte 1534 dieses Vorgehen und erkannte den König als "höchstes Oberhaupt der Kirche von England auf Erden" an. Jeder Untertan musste darauf schwören, sonst drohte ihm ein Prozess wegen Hochverrats – und die englische Staatskirche war so gegründet.
Anne Boleyn gebar eine Tochter, die spätere Königin Elisabeth I., der erwünschte Sohn blieb jedoch aus. Anne fiel bei Heinrich in Ungnade und wurde unter dem Vorwand des Ehebruchs angeklagt und hingerichtet. Nun war das Feld frei für Frau Nummer Drei: Jane Seymour. Sie starb eines natürlichen Todes bei der Geburt eines Kindes. Die vierte, fünfte und sechste Ehe lassen sich mit "Geschieden, Geköpft, Überlebt" zusammenfassen.
König ist "Verteidiger des Glaubens"
Trotz des Bruches mit Rom behielt Heinrich VIII. den päpstlichen Ehrentitel Fidei defensor (Verteidiger des Glaubens) bei, den er für das Verfassen eines Buches gegen die protestantische Reformation erhalten hatte. Bis heute führt der britische Monarch den Titel Defender of the Faith, auch wenn dieser bei der Krönung nun schwören muss, den protestantischen Glauben zu verteidigen. Das F.D. für Fidei defensor ziert noch heute die britischen Münzen (Foto).
Nachdem so die Kirche von England aus Staatsraison den Schoß der katholischen Kirche verlassen hatte, musste sie noch ihre protestantische Identität finden. Sie behielt weitgehend die überkommene katholische Liturgie bei, übernahm aber eine reformierte Theologie, so dass man oft sagt, die Kirche von England ist sowohl katholisch und reformiert. Mit der Ausbreitung des britischen Weltreiches wuchs auch die aus der Kirche von England hervorgegangene anglikanische Gemeinschaft, die heute 80 Millionen Mitglieder umfasst und nach der römisch-katholischen und den orthodoxen Kirchen die drittgrößte christliche Kirche ist.
In der Auseinandersetzung mit den damals katholischen Königreichen in Schottland und Irland verstand sich die englische Monarchie als protestantisch und verband den Protestantismus mit dem Parlamentarismus. Dies erklärt auch die bis heute noch geltende Thronfolgeregelung, die das englische Parlament mit dem "Act of Settlement" 1701 beschloss. Die englische Krone kann nur erben, wer Protestant ist. Auch die Heirat mit einer Katholikin schließt automatisch von der Thronfolge aus. Außerdem muss der Monarch oder die Monarchin schwören, die Kirche von England zu verteidigen. Nachdem England und Schottland seit 1707 eine Union bilden, bezieht der Schwur auch die Kirche von Schottland ein, die eine Nationalkirche, aber keine Staatskirche wie die Kirche von England ist.
Alles, nur nicht katholisch
Prince William war in der Wahl seiner Verlobten frei, nur katholisch durfte sie nicht sein, wenn er einmal selber König sein will. Dass das Verbot katholischer Gattinnen (oder Gatten) heute noch greift, zeigt das Beispiel von George Windsor, Earl of St Andrews. Er wäre jetzt Nummer 25 in der Thronfolge, hätte er nicht eine Katholikin geheiratet. Obwohl Gerüchte im Internet auftauchten, dass Kate Middleton katholisch sei, hat sie diese vor ihrer Hochzeit erfolgreich widerlegt. Sie ließ sich noch als Verlobte anglikanisch konfirmieren und bekundete so ihre Mitgliedschaft in der Kirche von England.
Diese späte Konfirmation als 29-jährige macht sich auch für sie als zukünftige Königin gut. Wie hätte es sonst ausgesehen, wenn König William als Verteidiger des Glaubens und weltliches Operhaupt der anglikanischen Kirche zum Abendmahl nach vorne geht, während seine unkonfirmierte Gattin auf einer Kirchenbank warten muss, dass er vom Abendmahltisch zurückkehrt?
[listbox:title=Die britische Monarchie[Der Throneid von Königin Elisabeth II.##Das Thronfolgegesetz (Act of Settlement) von 1701##Gebet der Church of England für Kate und William]]
Die Royal Wedding bietet natürlich wieder Anlass zu fragen, ob veraltet erscheinende Gesetze nicht abgeschafft gehören. So hat der Thronfolger Prince Charles öffentlich erklärt, er wäre lieber ein "Defender of Faith" und nicht ein "Defender of the Faith" – wie der gegenwärtige Königstitel in England, Kanada und Neuseeland lautet. Lässt man den unbestimmten Artikel weg, wäre der König ein Vertreter von Glaubensüberzeugungen allgemein, aber nicht des protestantischen Glaubens.
Am verordneten Protestantismus gibt es immer wieder Kritik, so zum Beispiel in Kanada. Hier bilden die Katholiken die größte Religionsgemeinschaft und die Queen ist auch Königin von Kanada. Deshalb versuchte ein Politiker gegen die britische Thronfolgegesetze zu klagen, da sie Katholiken diskriminierten, ein kanadisches Gericht wies jedoch die Klage ab.
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Eine Neuregelung der britischen Thronfolge ist zurzeit praktisch ausgeschlossen, denn es müssten sich gleichzeitig alle 16 Länder des Britischen Commonwealth darauf verständigen, die die Queen als ihre Königin anerkennen. Eher wahrscheinlich wäre es, dass einige Commonwealth-Staaten die Monarchie abschaffen. Sollte Prince William eines Tages König werden, wird er bei der Thronbesteigung wahrscheinlich schwören, den protestantischen Glauben zu verteidigen - sofern es dann die Monarchie noch gibt.
Da die anglikanische Kirche heute Scheidung und die Wiederverheiratung Geschiedener ablehnt (was man bei dieser Gründungsgeschichte der Kirche von England eigentlich nicht vermuten sollte), wird dann hoffentlich immer noch Kate an Williams Seite sein. Das aber kann dauern. Dass Kate warten kann, dafür bürgt auch der der Spitzname "Waity Katie", den ihr die britische Klatschpresse verpasst hat. Die lange Wartezeit bei der Verlobung ist sicherlich eine gute Übung für die zukünftige Königin. Schwiegerpapa Charles ist über 60 und wartet immer noch darauf, König zu werden.
Damit Kate und William gemeinsam dieses Ziel erreichen, hat die Kirche von England ein Gebet für das königliche Paar veröffentlicht:
God of all grace,
friend and companion,
look in favour on William and Catherine
and all who are made one in marriage.
In your love deepen their love
and strengthen their wills
to keep the promises they will make,
that they may continue
in life-long faithfulness to each other;
through Jesus Christ our Lord. Amen.