Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat in seiner Karfreitagspredigt dazu aufgerufen, angesichts des Leides in der Welt nicht zu verzweifeln. "Alle Kreuze dieser Welt werden nicht das letzte Wort über unser Leben haben. Denn auch wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hände", sagte Schneider am Freitag im Willibrordi-Dom in Wesel.
Der rheinische Präses verwies auf das unverschuldete Leid in der Welt, aber auch darauf, dass viele Menschen Opfer von Unverstand, Selbstsucht und Verbrechen würden. Das Leid von Menschen dürfe nicht "kleingeredet" werden, sagte er weiter. "Sterben und Tod, selbst der Tod am Kreuz sind nicht Ausdruck von Gottesferne." Vielmehr gelte: Gerade dort sei Gott ganz nahe.
Auch heute "tun wir uns immer wieder so unendlich schwer damit, an Gottes Menschennähe und Menschenliebe zu glauben", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Die Stille eines Feiertages, der die Kreuzeserfahrung thematisiere, werde so zum Anstoß. "Wie oft bleibt auch uns Christenmenschen nur der Schrei mit den und für die Gequälten: 'Mein Gott, warum hast du uns verlassen?'"
Der Berliner Bischof Markus Dröge erklärte, angesichts der Opfer etwa in Ägypten, Libyen und Japan müsse erst "noch sichtbar werden, was in Jesus Christus geschehen ist", nämlich die "endgültige Erlösung". Deshalb brauche die Gesellschaft den Karfreitag als Tag der Besinnung: "Denn nur wer das Kreuz nicht verdrängt, gewinnt Hoffnung. Nur wer Karfreitag begeht, kann auch Ostern feiern", betonte der Berliner Bischof.
Hoffnung auf Frieden in den Konfliktherden
"Heute wie damals ist die Gewalt eine Geißel, die wir Menschen selbst schwingen", sagte der Bischof der evangelischen Landeskirche Sachsens, Jochen Bohl, am Karfreitag in Dresden. Sie treffe Kinder und Alte, überziehe Unschuldige wie Verstrickte, wüte auf allen Kontinenten, beschädige das Leben in Städten und Dörfern. Die Christenmenschen fänden sich nicht ab mit der Gewalt, sondern setzten sich für ihre Überwindung ein. "Wir sehen auf die Konfliktherde der Welt - Libyen, Afghanistan, Gaza, Nigeria - in der Hoffnung auf Frieden."
Das Menschenleben sei zudem auch durch Ereignisse wie in Japan gefährdet. "Sie mahnen zur Demut, sie sind eine Warnung, nicht die Möglichkeiten der Technik zu überschätzen." Nötig sei eine Umkehr von der hochfahrenden Selbstüberhebung der Risikotechnologie zum menschlichen Maß und zum Respekt vor der Schöpfung.
Bischöfe kritisierten PID und Sterbehilfe
Bohl sieht mehr und sehr gewichtige Gründe gegen eine Zulassung von Gentests an künstlich erzeugten Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib. "Ich befürchte, dass sie die Wertschätzung behinderten Lebens in unserer Gesellschaft angreifen würden", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Am Umgang damit zeige sich die Humanität einer Gesellschaft. "Nicht nur die Starken, Gesunden und der Vorstellung einer "Normalität" entsprechenden Menschen sind Geschöpfe und Ebenbilder Gottes."
Bayerns evangelischer Landesbischof Johannes Friedrich hat sich am Karfreitag ebenfalls erneut gegen Gentests an Embryonen ausgesprochen. Auch die Sterbehilfe verurteilte er als Versuch der Menschen, sich am Leid "vorbeizumogeln". Bereits zu Weihnachten hatte sich Friedrich gegen eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) gewandt, bei der Mediziner durch künstliche Befruchtung entstandene Embryonen auf Erbkrankheiten oder Chromosomendefekte testen.
Leid könne auch durch derlei Gentests oder durch die Sterbehilfe nicht verhindert werden. "Eine Welt ohne Leid gibt es nicht. Wir finden Gott nicht auf dem goldenen Thron des Leidvernichters, sondern am Kreuz", sagte Friedrich laut vorab verbreitetem Predigttext in Ansbach.
"Kreuz ist Zeichen der Verbundenheit mit Leidenden"
Zur Vorsicht mahnte Friedrich auch bei der pränatalen Diagnostik im Mutterleib. "Denn Spätabtreibungen bei festgestellten Schäden werden - entgegen dem Willen des Gesetzgebers - immer mehr zu einer unseligen Praxis in unserem Land", kritisierte er. Jede Abtreibung sei jedoch Tötung menschlichen Lebens. Die Botschaft vom Leiden und Sterben Jesu helfe, mit Leid umzugehen, betonte Friedrich: "Das Kreuz ist - richtig verstanden - ein Zeichen der Verbundenheit mit allem behinderten und beschwerten Leben, mit Leiden und Leidenden."
Auch der Bischof des katholischen Bistums Dresden-Meissen, Joachim Reinelt, erteilte in seiner Osterbotschaft der Präimplantationsdiagnostik eine klare Absage. "Ostern ist das Fest des Lebens, PID dient der Kultur des Todes", sagte er. Reinelt appellierte an die Abgeordneten des Bundestages, bedingungslos für die Unantastbarkeit menschlichen Lebens zu stimmen, wie es das Grundgesetz längst vorsehe. "Faule Kompromisse brauchen wir nicht."
Der katholische Kardinal Reinhard Marx warnte in der Diskussion um PID vor einer "zwanghaften Vorstellung", dass Leben gelingen müsse. Das zeige sich auch in dem "unbedingten Willen von Eltern, ein garantiert gesundes Kind haben zu wollen", auch wenn dafür menschliches Leben vernichtet werde, sagte Marx im Münchner Dom.
Schlechte Bildungsschancen als "Kreuz" der Kinder
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat in seiner Karfreitagspredigt Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit als "große Kreuze" bezeichnet. "Hier wird das Bild des kreuztragenden Jesus für mich anschaulich", sagte Overbeck am Freitag laut Predigttext auf der Halde Prosper Haniel in Bottrop. Diesen um ihre Bildungschancen gebrachten Kindern und Jugendlichen sei ein Kreuz auferlegt, das sie oft ein Leben lang durch ihre Existenz schleppen müssten.
Christen seien aufgefordert, mit dafür Sorge zu tragen, ein gesellschaftliches System zu verwirklichen, das Kinder und Jugendliche an die erste Stelle rücke und das allen zugutekomme, sagte Overbeck. Das Bild des kreuztragenden Christus, der die Lasten der Menschen auf sich nehme, sei eine Aufforderung dazu.
Der Bischof appellierte an die Verantwortung von Kirche und Gesellschaft. Nicht nur der Geburtenrückgang und die Abwanderung von Familien kämen die Städte teuer zu stehen, "die Kinderarmut selbst und die Jugendarbeitslosigkeit verursachen immense Kosten".
Der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, sagte, wo dem Kreuz kein Raum gegeben werde, sei auch kein Raum für die Liebe: "Und in einer Welt ohne Liebe kann man eigentlich nicht leben." So sehr habe Gott die Welt geliebt, "dass er die Schwachheit besaß, sich für sie kreuzigen zu lassen", sagte er laut Predigttext.