Die Westminster Konfession: Gott als Autor

Die Westminster Konfession: Gott als Autor
Innerhalb des Protestantismus gibt es auch die Möglichkeit, die Bibel durch die Inspirationslehre als Gottes Wort zu bestimmen: Die Texte wurden demnach von Gott inspiriert und sind wörtlich zu nehmen. Diese Lehre von der Verbalinspiration bildete sich im 17. Jahrhundert heraus.
28.02.2011
Von Ralf-Peter Reimann

Eine der späten reformierten Bekenntnisschriften ist die Westminster Konfession von 1646. Zur Zeit des englischen Bürgerkrieges wurde sie auf Veranlassung des englischen Parlamentes von einer eigens einberufenen Theologen-Kommission verfasst, um Gottesdienst, Lehre und Kirchenordnung der Kirche von England zu bestimmen. Die Wiederherstellung des Königtums in England und die Wiedererrichtung der bischöflichen Verfassung der anglikanischen Staatskirche bedeutete dann allerdings die Abschaffung des Bekenntnisses von Westminster, das nur in der Kirche von Schottland fortlaufend Gültigkeit behielt.

Außerhalb Schottlands entfaltete die Westminster Konfession in Amerika große Wirkung, denn Baptisten und Kongretionalisten hatten das Westminster Bekenntnis - wenn auch in veränderter Form – angenommen. Außerdem war die Westminster Konfession die Bekenntnisgrundlage der der schottischen Tradition verpflichteten Presbyterianer in den englischen Kolonien in Amerika.

Der Westminster Konfession geht es um eine systematische Darlegung der christlichen Lehre. Im ersten Kapitel listet das Bekenntnis von Westminster auf, welche biblischen Bücher in welcher Originalsprache von Gott inspiriert wurden.

Die Bibel ist Gottes Wort, weil Gott Autor ist

Die Autorität der Heiligen Schrift, derentwegen man ihr glauben, und gehorchen soll, beruht nicht auf dem Zeugnis irgendeines Menschen oder irgendeiner Kirche, sondern gänzlich auf Gott (der die Wahrheit selbst ist) als ihrem Autor, und sie ist deswegen anzunehmen, weil sie das Wort Gottes ist.

Die Bibel als unmittelbar inspiriertes Wort Gottes kann auch nicht mehrdeutig sein, sondern muss bei scheinbaren Widersprüchen von anderen Bibelstellen her gedeutet werden, so dass man zu einer Auslegung kommt. Da die Heilige Schrift so als Grundlage des Glaubens gesichert ist, kann das Bekenntnis von Westminster nun die anderen Inhalte der christlichen Lehre entfalten und aus der Bibel begründen.

Das protestantische Schriftprinzip – das sola scriptura – wird hier als Verbalinspiration verstanden. Die Inspiriertheit der Heiligen Schrift ist daher Voraussetzung für die Rechtfertigungslehre, die auch in der reformierten Tradition durch solus Christus (allein Christus), sola gratia (allein aus Gnaden) und sola fide (allein durch Glauben) beschrieben werden kann.

Fundamentalismusstreit in den USA

Die Lehre der Verbalinspiration findet sich auch im späteren Luthertum, doch entwickelt sie in den lutherischen Kirchen nicht solch eine Bedeutung. Sie entfaltet sich im angelsächsischen Bereich und wird ein Scheidepunkt im Fundamentalismusstreit in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts, da sie Bekenntnisgrundlage ist. Wer leugnet, dass die Bibel Wort für Wort Gottes Wort ist, steht im Widerspruch zum Bekenntnis. An der Stellung zur Schrift entscheidet sich daher auch, der die „Fundamentals“ anerkennt oder leugnet – wer Fundamentalist ist oder nicht.

Die reformierten Kirchen in Kontinentaleuropa berufen sich im Gegensatz zu den angelsächsischen Reformierten nicht auf die Westminster Konfession. In Deutschland ist der Heidelberger Katechismus das wichtigste reformierte Bekenntnis. Da die kontinentaleuropäischen Bekenntnisschriften aber nicht die Lehre der Verbalinspiration ausbuchstabieren, war der Fundamentalismus-Streit zu Beginn des 20. Jahrhunderts in dieser Ausprägung ein amerikanisches Phänomen.