SPD holt absolute Mehrheit in Hamburg

SPD holt absolute Mehrheit in Hamburg
Ein 50-Prozent-Kantersieg für die SPD in Hamburg - die absolute Mehrheit der Mandate ist nach ersten Hochrechnungen sicher. Die CDU von Kanzlerin Merkel wird in der Hansestadt halbiert und erlebt ein Debakel. Die FDP meldet sich nach dem Katastrophenjahr 2010 zurück.
20.02.2011
Von Thomas Lanig und Werner Herpell

SPD-Triumph zum Auftakt des Superwahljahres, Fiasko für die CDU: Bei der vorgezogenen Bürgerschaftswahl am Sonntag in Hamburg erringen die Sozialdemokraten mit Spitzenkandidat Olaf Scholz nach Hochrechnungen 49,6 Prozent und damit die absolute Mehrheit der Mandate (63 von 121 Sitzen in der Bürgerschaft). Sie übernehmen nach zehn Jahren wieder das Amt des Bürgermeisters. Für die CDU ist es das schwächste Wahlergebnis seit Kriegsende in Hamburg - die Bundespartei legt 2011 einen Stolperstart hin. Nach einer ersten Analyse der Forschungsgruppe Wahlen ist die Hamburg-Wahl jedoch kein bundespolitischer Stimmungstest.

Die Grünen legen leicht zu, werden aber vermutlich zum Regieren nicht gebraucht. Auch FDP und Linke sind in der Bürgerschaft vertreten. Damit können die Liberalen nach miserablen Umfragen im Vorjahr für die kommenden Wahlen Hoffnung schöpfen. Erstmals seit 1993 sitzt die FDP in allen 16 Landtagen. Allerdings gelten die Prognosen auf Basis von Befragungen am Sonntag wegen des komplizierten Hamburger Wahlrechts im Vergleich zu anderen Wahlen als weniger zuverlässig.

CDU stürzte ab

Die bisher regierende CDU halbierte ihr Ergebnis der letzten Bürgerschaftswahl und stürzte laut Hochrechnung auf 21,2 Prozent ab (27 Sitze). Die Grünen verbesserten sich auf 11,4 Prozent (14 Sitze), die Linke kam auf 6,7 Prozent (9 Sitze). Die FDP schaffte mit 6,0 Prozent erstmals seit 2004 wieder den Einzug in das Landesparlament (8 Sitze).

Der Bruch der schwarz-grünen Koalition im Herbst 2010 hatte die vorgezogene Wahl in der Hansestadt erforderlich gemacht. Rund 1,3 Milionen Hamburger waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung dürfte nach ersten Einschätzungen ähnlich niedrig ausfallen wie 2008, wo sie bei 63,5 Prozent lag. 

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte am Abend: "Der Erfolg hat einen Namen, und der heißt Olaf Scholz. (...) Ich glaube, dass das ein historisches Ergebnis ist. Nicht nur für uns, sondern auch für die anderen." Scholz selbst sagte: "Das ist ein sehr, sehr beeindruckendes Wahlergebnis, wenn die Prognose so bleibt."

Westerwelle: "Auftakt nach Maß"

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe machte die Grünen in Hamburg für das Scheitern der CDU/GAL-Koalition verantwortlich. "Das ist eine schwere Hypothek, die jede Vorstellung belastet, dass Grün zur Regierungsverantwortung befähigt ist." Nach Ansicht des Grünen-Parteichefs Cem Özdemir haben die Hamburger mit dem SPD-Sieg für klare Verhältnisse gesorgt. "Wenn die CDU über 20 Prozent verliert - das verändert die Kräfteverhältnisse hier auf eine radikale Art und Weise."

FDP-Chef Guido Westerwelle sah im Abschneiden seiner Partei "einen Auftakt nach Maß" im Superwahljahr 2011. Die Linke-Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch erwartet vom Hamburger Wahlergebnis Rückenwind für ihre Partei bei den anderen sechs Landtagswahlen in diesem Jahr. "Wir gewinnen Wahlen und nicht Umfragen."

Laut Forschungsgruppe Wahlen gab für 82 Prozent der Befragten in Hamburg die Lokalpolitik den Ausschlag für ihre Wahlentscheidung, nur für 16 Prozent die Bundesebene. Die CDU habe gravierende Kompetenzverluste in vielen wichtigen Politikfeldern zu verzeichnen. Die SPD wurde in allen Bevölkerungsgruppen klar stärkste Partei. Eine personell und inhaltlich überzeugende SPD sei auf einen denkbar schwachen politischen Gegner getroffen.

CDU ist gespannt auf den 27. März

Nach einem verpatzten Start hatte Schwarz-Gelb unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits im Mai 2010 bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine schwere Niederlage mit anschließendem Machtverlust erlitten. Höhepunkt des Superwahljahres 2011 wird der 27. März sein, wenn in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt wird. Vor allem der Ausgang der Wahl im CDU/FDP-regierten Baden-Württemberg, wo ebenfalls ein Regierungswechsel möglich scheint, könnte starke Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Koalition im Bund haben. Gewählt werden außerdem die Parlamente in Sachsen-Anhalt (20. März), Bremen (22. Mai), Mecklenburg-Vorpommern (4. September) und Berlin (18. September).

Die Grünen in Hamburg hatten Ende November das Regierungsbündnis mit der CDU einseitig aufgekündigt. Sie begründeten dies unter anderem damit, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Zuvor waren innerhalb weniger Monate fünf CDU-Senatsmitglieder zurückgetreten - einschließlich des beliebten Bürgermeisters Ole von Beust. Der gebürtige Heidelberger Ahlhaus schaffte es in der kurzen Zeit an der Spitze des Senats nicht, auch nur annähernd so populär zu werden wie Beust, der die CDU 2001 nach Jahrzehnten in der Opposition an die Regierung geführt hatte.

dpa