Thomas Gottschalk gibt nach rund 24 Jahren die Moderation der ZDF-Paradeshow "Wetten, dass..?" ab. Der 60-jährige Publikumsliebling sagte am Samstag in Halle/Saale bei der Jubiläumssendung zum 30. Geburtstag der Show, er werde die laufende Staffel nach der Sommersendung auf Mallorca abschließen.
"Schluss mit lustig"
"Es gibt gewisse Dinge, die kann man nicht zwischen Tür und Angel besprechen", sagte Gottschalk zu Beginn der 193. Ausgabe von "Wetten, dass..?". Vor dem Publikum in Halle an der Saale und den Millionen Fernsehzuschauern in Deutschland, Österreich und der Schweiz erklärte er, bisher "immer gute Laune und Spaß verbreitet" zu haben. Doch seit der letzten Sendung wisse er, dass "Schluss mit lustig ist". Er könne "in dieser Show nicht weitermachen, als wäre nichts passiert"
Gottschalk hatte noch Mitte 2010 seinen Vertrag mit dem Sender bis 2012 verlängert. Mit dem Unglückssturz von Samuel Koch habe sich die Situation für Gottschalk grundsätzlich geändert: "Auf der Sendung liegt nun ein Schatten, der es mir unmöglich macht, mit der guten Laune weiterzumachen, die das Publikum von mir kennt und erwartet." Der Moderator richtete via TV beste Grüße an Koch, der die Sendung an diesem Samstagabend sicher schauen werde.
Gottschalk besuchte den 23-Jährigen vorige Woche in einer Reha-Klinik in der Schweiz. "Er hat mir noch einmal gesagt, dass er kein adrenalinsüchtiger Junkie ist. Er hatte mehr als 500 Probesprünge absolviert." Und Co-Moderatorin Michelle Hunziker ergänzte: "Ich war noch nie so traurig und geschockt in meinem Leben wie nach dem Unfall". Dessen Leben werde ein anderes werden als geplant, sagte Gottschalk. Seine Hoffnung, dass sich Koch schnell erhole, habe sich nicht erfüllt. Das Publikum im Saal nahm die Nachricht des Showmasters mit hörbarem Bedauern zur Kenntnis.
Intendant: Show geht weiter
Natürlich habe die Sendung ein solches Ende nicht verdient. Deshalb werde er sich nicht "sofort aus dem Staub machen". Seine letzte Sendung werde die Sommersendung in Mallorca am 18. Juni sein. Im Herbst werde es dann noch eine Sondersendung zu 30 Jahre "Wetten, dass..?" geben. Über die Zukunft der Show oder einen möglichen Nachfolger sagte er nichts.
ZDF-Intendant Markus Schächter teilte gleich nach Beginn der Show am Samstagabend mit, sowohl Gottschalk als auch "Wetten, dass..?" blieben dem ZDF-Publikum auf jeden Fall erhalten. "Wir planen mit ihm neue Formate für das kommende Jahr und werden jetzt in Ruhe über die Nachfolge in der Präsentation von "Wetten, dass..?" ab 2012 beraten und entscheiden." In Medienberichten vom Samstag wurde bereits ZDF-Neuzugang Jörg Pilawa als möglicher Kandidat gehandelt.
Gottschalk hatte seine Entscheidung mit der ZDF-Führung abgestimmt. "Ich bin darüber mit Thomas Gottschalk schon seit einiger Zeit im Gespräch", ergänzte Intendant Schächter. "Ich verstehe seine Entscheidung und kann sie sehr gut nachvollziehen. Es ist immer irgendwann einmal der Zeitpunkt gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. Ihn zu finden, ist eine sehr persönliche Angelegenheit."
Mit einem lockeren Spruch leitete Gottschalk zum normalen Programm der Sendung über. Leider sei ihm beim Rücktritt "Mubarak zuvorgekommen", sagte er - eine Anspielung auf den ägyptischen Ex-Präsidenten, der am Freitag sein Amt niedergelegt hatte.
Co-Moderatorin Michelle Hunziker hingegen scheint "Wetten, dass..?" erhalten zu bleiben. Auch sie habe sich überlegt, wie es nach dem Unglück für die Sendung weitergehen könne. Ihr sei mulmig zumute. Dann hakte sie sich bei Gottschalk unter und sagte: "Vielleicht schaffe ich es, dich doch noch umzustimmen und mit dir auf diesem Sofa alt zu werden."
Thomas Gottschalk: Sonnyboy mit Schicksalsshow
Gottschalk ist einer der bedeutendsten Fernsehmoderatoren Deutschlands. Der große blonde Lockenkopf ist seit Jahrzehnten ein Vollprofi - schlagfertig, familienfreundlich, immer lässig-locker. Auch bei seinem wohl schwersten Auftritt in der ZDF-Show "Wetten, dass..?", als der Kandidat Samuel Koch verunglückte, traf er den richtigen Ton. Er brach die Live-Show ab. Danach stellte er das Wohl des Verletzten in den Mittelpunkt und nicht sich selbst, hielt Kontakt zu Samuels Eltern und informierte sich nach eigenen Worten laufend über dessen Zustand. Seit dem Unfall wird über Gottschalks Zukunft spekuliert.
"Die Konsequenzen für mich und die Show werde ich zu gegebener Zeit mit den Verantwortlichen besprechen. Was immer dabei herauskommt: Es trifft mich zu einem Zeitpunkt meiner Entertainer-Karriere, an dem ich es mit Fassung tragen kann", sagte Gottschalk dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" im Dezember.
Gottschalk begeistert Millionen Fernsehzuschauer. Nicht einmal seine Selbsteinschätzung als "Quotennutte" konnte ihm schaden. Schwer mitgenommen hat den gebürtigen Bamberger, der oft als Sonnyboy beschrieben wird, der Schicksalsschlag in seiner Show.
Wie lange der Familienvater mit Wohnsitzen in Malibu und Remagen am Rhein seinem Publikum noch erhalten bleibt, umschrieb er schon vor Jahren mit einer vagen Formulierung: bis er "sein eigenes Verfallsdatum überschritten" habe. Zu seinen vielen Auszeichnungen soll sich am 1. April noch der renommierte Grimme-Preis für sein Lebenswerk gesellen, eine "besondere Ehrung" des Deutschen Volkshochschul-Verbandes.
Fernseh-Deutschland wäre ärmer ohne Gottschalk - und auch die Werbewelt. Egal ob Gummibärchen oder früher mal amerikanisches Fastfood. Gottschalk, der nach dem Abitur Deutsch und Geschichte auf Lehramt studierte, entdeckte früh seine Freude am Moderieren. Ab Anfang der 70er Jahre arbeitete er sich beim Bayerischen Rundfunk (BR) hoch, machte Hörfunk, später Fernsehen, in den 80ern dann beim ZDF zum Beispiel auch die Talk- und Musikshow "Na sowas". Er drehte auch Kinofilme (unter anderem "Die Supernasen" mit Mike Krüger).
Im September 1987 übernimmt er "Wetten, dass..?" von Frank Elstner. Mit Ausnahme einer Pause in 1992 und 1993 ist er bis heute Showmaster der Sendung. Alles, was "Thommy" außerhalb davon anpackte (die vieldiskutierte Late-Night-Show bei RTL Anfang der 90er oder die Sat.1-Show "Hausparty") missriet - zumindest in den Augen der Kritiker und Fernsehmanager, die hohe Quoten erwarteten.
Gottschalk privat: Seine vier Jahre ältere Frau Thea lernte er bei einer Faschingsparty 1972 kennen. Sie heirateten 1976. Das Paar hat zwei Söhne (Roman und Tristan) und inzwischen auch Enkel. Thea verriet mal über ihren Thomas: Er sei immer noch so aufmerksam wie in den Flitterwochen.