Giovanni Pollice lebt wie kein zweiter für die Integration ausländischer Mitbürger - beruflich wie im Ehrenamt. Der Italiener kam mit zwölf Jahren nach Deutschland, kämpfte mit der fremden Sprache, machte eine Lehre als Betriebsschlosser, war Betriebsrat und ist heute Leiter der Abteilung Migration/Integration beim Hauptvorstand der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) in Hannover. Und er ist Vorsitzender des Vereins "Mach' meinen Kumpel nicht an", der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert.
"Deutschland hat über Jahrzehnte eine Erfolgsgeschichte der Integration geschrieben", stellt der 56-Jährige ohne Umschweife fest. Das sei ein Verdienst beider Seiten. Aber: Es gebe noch Defizite, etwa bei den Bildungschancen von Migranten oder deren fehlender Gleichberechtigung in den Unternehmen. "Man muss Geduld haben", sagt der Gewerkschafter gelassen. Der Fortschritt sei oft eine Schnecke.
"Präventivverein"
Seit einem Vierteljahrhundert richtet sich der "Kumpelverein" präventiv vor allem an Jugendliche in Ausbildung und Schule. Sein Logo, die leuchtend gelbe Handfläche mit dem roten Schriftzug "Mach' meinen Kumpel nicht an" ist zum bekannten Symbol gegen Ausländerhass geworden. "Wir wollen aber auch Erwachsene erreichen", betont Politikwissenschaftlerin Klaudia Tietze, die seit September 2010 die Geschäftsstelle der Vereins beim DGB-Bildungswerk Migration und Qualifizierung in Düsseldorf leitet. Der Kampf gegen Rassismus kenne keine Altersgrenzen.
Der Verein pflegt eine Webseite, die nachahmenswerte Aktivitäten gegen Fremdenhass veröffentlicht. Auch lobt er den Wettbewerb "Die gelbe Hand" aus und versendet den monatlichen Newsletter "Aktiv und Gleichberechtigt". Dessen Auflage steige und liege aktuell bei 3.000 Exemplaren, sagte Tietze dem epd. Mit dem Titel erreiche man auch viele Interessenten außerhalb des Gewerkschaftsmilieus, in dem die Gelbe Hand als "starkes Label" bekannt sei.
Der Verein zählt bundesweit rund 170 Fördermitglieder. Darunter sind auch viele Gewerkschaftsgrößen wie der DGB-Vorsitzende Michael Sommer, ver.di-Chef Frank Bsirske oder der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis. Ein weiterer prominenter Förderer ist Guntram Schneider. Der SPD-Politiker und Sozialminister in NRW gehörte schon zu den Gründungsmitgliedern des Kumpelvereins, der vorerst noch auf die Unterstützung von sieben Einzelgewerkschaften und dem DGB angewiesen ist.
Kirchen als Verbündete
Verbündete sucht und findet Pollice, der auch Vizevorsitzender des Interkulturellen Rates ist, bei den Kirchen, den Wohlfahrtsverbänden und bei den Arbeitgeber-Organisationen. Wichtig sei es, immer wieder klarzumachen, dass es zur Integration keine Alternative gebe. "Man darf sich nicht zurücklehnen und glauben, die anderen werden es schon richten", warnt er.
"Der Kumpelverein hat nach wie vor eine wichtige Aufgabe", sagt Regina Görner, Vorstand der IG Metall und Mitglied des Vereins. "Wenn man sich ansieht, wie die Neonazis, die in den letzten Jahren in die Parlamente gekommen sind, sich dort aufgeführt haben, dann sieht man, wes Geistes Kind sie sind." Dagegen helfe nur Aufklärung und Solidarität.
Doch nicht nur der Einzug der Rechten in die Landtage gibt Anlass zur Sorge. Die Statistik politisch motivierter Gewalt 2009 des Bundesinnenministeriums zeigt, dass die rechten Delikte (knapp 19.500) trotz eines leichten Rückgangs noch den zweithöchsten Wert seit 2001 aufweisen.
Fortschritt bei der Integration
Fortschritte in Sachen Integration sieht Pollice vor allem in den Betrieben. "Dort haben Gewerkschaften und Betriebsräte traditionell mehr Einfluss als auf anderen Feldern der Gesellschaft." Sehr bewährt hätten sich zum Beispiel Betriebsvereinbarungen, die partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz vorschreiben. Viele Chefs hätten zudem längst erkannt, dass sie Migranten besser fördern müssen, um künftig genügend Fachkräfte zu haben. Davon profitierten beide Seite, so Pollice: "Ausländer können und wollen gute Arbeit leisten."
Internet: www.gelbehand.de
epd