Israel fürchtet ohne Mubarak Isolation in Nahost

Israel fürchtet ohne Mubarak Isolation in Nahost
Israel könnte mit Mubarak einen wichtigen Verbündeten verlieren. Auch sein Vize Suleiman galt bislang als Freund des jüdischen Staates. Dennoch herrscht in Jerusalem Sorge um den Friedensvertrag mit Ägypten und die Stabilität an Israels Grenze.
11.02.2011
Von Sara Lemel

Für Israel werden mit der Ära des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak drei Jahrzehnte der Stabilität zu Ende gehen. Auch wenn zwischen den beiden Nachbarländern seit 1979 nur ein "kalter Frieden" ohne echte Annäherung beider Völker herrschte, so gab es doch eine dauerhafte Abwesenheit von Krieg. Und das ist im Krisenherd Nahost sehr viel wert.

Auch Mubaraks Vize Omar Suleiman, dem der Präsident Teile seiner Amtsgeschäfte übertragen hat, gilt als Freund Israels. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte am Donnerstagabend, Israel hoffe und erwarte, dass auch die künftige Führung in Ägypten den Friedensvertrag einhalten werde.

Israel fürchtet Verwässerung der Friedensvereinbarung

Dennoch blickt die israelische Regierung der Zeit nach Mubarak mit Sorge entgegen. Das größte Schreckgespenst in dem bevölkerungsreichsten arabischen Land ist für Israel die Muslimbruderschaft. Sie hat sich den Hass auf Israel auf die Fahne geschrieben und wird davon nicht ohne weiteres abrücken können. Dennoch glauben Experten, dass auch die Islamisten den Friedensvertrag nicht einfach aufkündigen können, sollten sie an die Macht kommen. Zu sehr hängt Ägypten von den enormen Hilfszahlungen der USA ab, die sich jährlich auf knapp zwei Milliarden Dollar belaufen.

Israel fürchtet jedoch eine schrittweise Verwässerung der Friedensvereinbarungen, die ihm jahrzehntelang relative Ruhe an der 200 Kilometer langen Grenze zu Ägypten beschert hatten. Sollten sich die Beziehungen zu Ägypten in Zukunft verdüstern, müsste die israelische Armee zusätzlich Truppen in den Süden verlegen, die dann an anderen strategischen Punkten - wie etwa der gefährlichen Nordgrenze zum Libanon und Syrien - fehlen würden.

Sorge um Ausbreitung islamistischer Kräfte

Mit Mubarak geht auch ein Staatsmann, der in Nahost immer wieder die Rolle des gemäßigten Vermittlers übernommen hat. Besonders hoch wurde ihm in Israel sein hartes Vorgehen gegen radikale Islamisten im eigenen Land angerechnet. Sollten die Muslimbrüder mehr Einfluss gewinnen, wäre aus israelischer Sicht besonders ein Erstarken militanter Islamistengruppen auf dem Sinai zu befürchten. Auf eine strikte Kontrolle der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen könnte Israel dann nicht mehr zählen - dem Waffenschmuggel in das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Gebiet wäre vermutlich Tür und Tor geöffnet.

Auch als Gegengewicht zur islamistischen Führung in Teheran spielte Mubarak für Israel ein Kardinalsrolle. Israel hat die Sorge, sein Ausscheiden könnte einer Ausbreitung islamistischer Kräfte in Nahost Vorschub leisten. Als gemäßigter Nachbar bliebe dann nur noch Jordanien, mit dem Israel 1994 einen Friedensvertrag unterzeichnet hat. Doch aus Frustration über den stockenden Nahost-Friedensprozess hat der jordanische König Abdullah II. die Beziehungen zur israelischen Führung auf Eis gelegt. Pessimisten in Israel malen jetzt schon eine Rückkehr zur Situation vor dem Sechstagekrieg von 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 an die Wand, als der jüdische Staat nur von feindlichen arabischen Ländern umgeben war.

Als große Gefahr gilt auch die Möglichkeit, dass der revolutionäre Funke aus Ägypten auf Jordanien überspringt, dessen Bevölkerung zu zwei Dritteln aus Palästinensern besteht. Ein Regimewechsel in Jordanien könnte die gesamte staatliche Integrität des arabischen Nachbarlands bedrohen, warnte zuletzt Oded Eran, Leiter des Instituts für Strategische Studien in Tel Aviv (INSS) und ehemaliger Botschafter in Jordanien. "Einige von Jordaniens Nachbarn sind vielleicht daran interessiert, dort für Instabilität zu sorgen und damit eine Kettenreaktion in Gang zu setzen, die die ganze Region in einen bewaffneten Konflikt stürzen könnte."

dpa