Grefrath, 03.02.2011
Liebe Abschiedsgemeinde,
ich möchte uns ein Schlüsselwort aus der Heiligen Schrift lesen:
Johannesevangelium Kapitel 16, Vers 33:
"In der Welt habt ihr Angst,
aber seid getrost,
ich habe die Welt überwunden!"
Der 3. September 2010 und der 26. Januar 2011 werden sich für viele Menschen auf Dauer in das Gedächtnis der Erinnerung einbrennen! Das Geschehene macht Angst, es löst unzählige Fragen aus und lässt Emotionen von Traurigkeit, Wut und Enttäuschungen aufbrechen.
Und immer taucht die uralte Frage auf: Warum?
Jesus Christus spricht es aus: Die Welt macht Angst, ja das Leben wird von Ängsten begleitet. Angst hat viele Namen! Bleibe ich gesund? Was wird mit meinem Arbeitsplatz? Gelingt meine Beziehung? Wie verläuft die Zukunft meiner Kinder? Fragen über Fragen und in der Tiefe schlummert eine Lebensangst!
Mit Mirco haben wir die Verletzlichkeit des Lebens erfahren! Besonders unsere Kinder und eine heranwachsende Generation! Eltern und Großeltern mussten erfahren: Wir können nicht schützen! Jesus Christus bringt es auf den Punkt: In der Welt habt Ihr Angst! Und dann spricht ER aus: "Ich habe die Angst der Welt überwunden! Ich bin der Angstbrecher, auch in dieser Stunde! Wer sich darauf einlassen kann, ist nicht mehr verlassen! Auch im persönlichen Golgatha!
ER hat erlebt, was es heißt, von Gott und Mensch verlassen zu sein! Als das Dunkle schier übermächtig wurde.
Ich habe ein Symbol mitgebracht! Es zeigt die zwei Seiten unseres Lebens. Eine Helle und eine Dunkle! Dem müssen wir uns stellen. Die dunklen Seiten nicht verdrängen, sondern sich dem stellen! Sonst wird daraus etwas ganz Böses, wie geschehen am 03.09.2010! Der Täter hat unsägliches Leid über beide Familien und viele Menschen gebracht.
Die Familie von Mirco hat über die Abschiedsanzeige ein Wort der Hoffnung gesetzt:
"In Gottes Hand
sind die Tiefen der Erde
und die Höhen der Berge gesetzt!"
Christus hat dem Tod widersprochen! Das Tiefste für uns getragen und überwunden. Er wird auch wieder auf die Höhen führen!
So darf ich uns noch einen Brief von Mircos Familie vorlesen. Sie sind an einem vertrauten Ort, um etwas auszuatmen und Kraft zu sammeln für die nächste Zeit!
Der Brief der Familie
"Liebe Grefrather Bürger,
liebe Klasse 6 a der Gemeinschaftshauptschule Grefrath,
liebe Mitarbeiter der Soko Mirco,
Unser Mirco!
Freundlich, lebenslustig, immer ein Lächeln auf den Lippen, freiheitsliebend, eigensinnig, Rhythmus im Blut, es blieb kein Besteck still liegen, sondern wurde zum Schlagzeug umfunktioniert.
Kleiner Schelm und guter Versteckkünstler, Klettern fand er super. Er war unser Clown und unsere Sportskanone. Egal, welchen Sport, ob Fußball, Reiten, Eisschnelllauf, er war einfach Top.
Mit seinem Fahrrad und Freunden Touren unternehmen, war sein Ding. Am liebsten wurde die Freizeit auf verschiedenen Bauernhöfen verbracht. Er war gerne an der frischen Luft und wenn er groß ist, wollte er Bauer werden.
So manch einen hat er auch auf die Palme bringen können mit seinem stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Mirco war etwas Besonderes, manchmal haben wir ihn selbst nicht verstanden.
In der Schule haben wir manche Höhen und Tiefen durchlebt, manche Lehrerin kann ein Lied davon singen. Trotz allem, wir haben ihn total lieb und ganz, ganz viele von Euch und Ihnen haben Ihre eigene Geschichte mit Mirco geschrieben.
Das Verschwinden von Mirco vor fünf Monaten hat uns alle erschrocken, viele Fragen, Gedanken und Gerüchte kamen auf. Grefrath war nicht mehr das Grefrath, das wir aus Kindertagen kannten. Angst machte sich breit, die Kinder wurden nur noch in Begleitung zur Schule und ihren Freizeitaktivitäten gebracht.
Viele wussten nicht, wie sie sich verhalten sollen – wir ja auch nicht. Unsere Kinder wollten so schnell wie möglich wieder ein normales Leben und einen geregelten Alltag. Der Bruder fehlt, es ist so still im Haus, Tränen fließen und es soll endlich ein Ende her.
Suchtrupps der "Soko-Mirco" rollten durch unseren Ort, Helicopter kreisten über Grefrath, eine intensive Suche begann – für uns Hoffnung, für manch anderen von Euch / Ihnen ein beklemmendes Gefühl. Dann die vielen Fernsehsender, die immer wieder dranblieben, um jedes Detail von der "Soko Mirco" zu berichten.
Es war eine angespannte, bedrückende Zeit. Wir als Familie haben uns aber vom ersten Tag an nicht alleingelassen gefühlt, da wir ganz genau wussten: Alles, was Gott tut, ist vollkommen und was der Herr sagt, ist unzweifelhaft wahr.
"Wer in Gefahr ist und zu ihm flieht, findet bei ihm immer sicheren Schutz." 2. Samuel 22, 31
Dieser Bibelvers hat uns vom ersten Tag des Verschwindens von Mirco begleitet. Wir als Familie haben in der Zeit Trost gefunden durch gemeinsames Gebet, Lobpreis und Bibellese. Außerdem sind wir dankbar für die großartige Unterstützung von überall, sei es aus Grefrath oder sogar Gebete und Grüsse aus Deutschland und aller Welt.
Es sind manche neue Kontakte entstanden, gemeinsame Gedenk- und Hoffnungsgottesdienste haben stattgefunden. Manch einer hat sein Leben neu durchdacht.
Mirco war immer einer, der nicht gerne fotographiert werden wollte und jetzt... Sein Fahndungsbild ging durch Deutschland und in die ganze Welt. Viele haben ihn in ihr Herz geschlossen, mit uns gefühlt.
Jetzt, der 26. Januar 2011 wurde ein ganz harter Tag für uns. Ein Verdächtiger ist festgenommen und Mirco gefunden. Entsetzlich und grausam, unser Sonnenschein Mirco kommt nicht wieder.
Er hat sein Leben gelassen für einen erwachsenen Menschen, der seinem beruflichen Stress und Druck Luft machen wollte.
Wir als Familie glauben, dass für diesen Druck und Stress und alle unsere Sorgen und Sünden schon vor vielen Jahren ein anderer junger Mann gestorben ist. Er heißt: Jesus!
Er hat die Last der Welt, eines jeden einzelnen von uns auf sich genommen. Und da Mirco, so wie wir an diesen Jesus geglaubt hat, ihn liebgewonnen hat als Freund und Vater, dürfen wir uns freuen, Mirco im Himmel wiederzusehen."
"Seid getrost"
Ich lese uns noch den Text-Zusammenhang aus Johannes 16, ab Vers 29:
"Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest du frei heraus und nicht mehr in Bildern. Nun wissen wir, dass du alle Dinge weißt und bedarfst dessen nicht, dass dich jemand fragt. Darum glauben wir, dass du von Gott ausgegangen bist.
Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubt ihr? Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, dass ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein lasst. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir.
Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden."
Das ist die Hoffnung: Wir dürfen mit den Jüngern sagen:
- "Du Gott und Christus weißt alle Dinge.
- Ich bin nicht alleine, der Vater Gott ist bei mir.
- Ich habe mit Euch geredet, dass Ihr Frieden habt!"
"Seid getrost!" spricht Jesus Christus. Amen.
Roman Siewert ist Präses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden und hielt beim Abschiedsgottesdienst für Mirco in Grefrath die Predigt.