Die Bundeswehr wird schrumpfen, aber weniger drastisch als erwartet. Guttenberg (CSU) kündigte am Montag auf einer Kommandeurstagung eine Verkleinerung der Truppe von derzeit 240.000 auf 180.000 bis 185.000 Soldaten an. Damit ging er deutlich über die in seinem ersten Reformpapier genannte Mindestgröße von 163.500 Soldaten hinaus.
Auch beim zivilen Personal fallen die Einschnitte nicht so drastisch aus, wie von einer Expertenkommission gefordert. Guttenberg kündigte eine Reduzierung der derzeit 85.000 Posten auf 60.000 bis 65. 000 an. Sein Ministerium will er allerdings um mehr als ein Drittel auf unter 2000 Mitarbeiter verkleinern. Die Wehrpflicht soll zum 1. Juli 2011 ausgesetzt werden.
Spaßige Schrumpfkur?
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ermutigte die Bundeswehrführung zu einer tiefgreifenden Reform. Sie sollten "Spaß an der Veränderung" haben und zu einem "Symbol für Veränderungsbereitschaft" in Deutschland werden, sagte sie zu den anwesenden Generalen. "Sie können ein wirklich wesentlicher Teil eines modernen und starken Deutschland sein."
Die Kommandeurstagung war der Auftakt für einen Reform-Marathon, den Guttenberg für die nächsten Monate und Jahre geplant hat. "Wir stehen wahrlich vor großen Herausforderungen", sagte er. Ziel sei es, die Truppe noch professioneller, schlagkräftiger und moderner zu machen. "Es ist der tiefstgreifende Einschnitt in der Geschichte der Bundeswehr." Er sei allenfalls noch vergleichbar mit der Fusion von Bundeswehr und Nationaler Volksarmee der DDR vor 20 Jahren.
Einigkeit in der Koalition
Die Truppenstärke von 180.000 bis 185.000 Soldaten dürfte in der Koalition konsensfähig sein. Schon in den vergangenen Wochen war in Union und FDP eine Spanne von 180.000 bis 190.000 Soldaten genannt worden. Guttenberg betonte allerdings, dass die Truppenstärke noch unter finanziellem Vorbehalt stehe. Merkel wollte sich zu den Sparvorgaben für die Bundeswehr nicht äußern. Das Kabinett hatte im Juni 8,3 Milliarden Euro bis 2014 verlangt.
Trotz der Einwände aus den Ländern und von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will Guttenberg an dem Termin 1. Juli 2011 für das Aussetzen der Wehrpflicht festhalten. Kritiker dieser Planung befürchten eine Überlastung der Universitäten durch einen zusätzlichen Ansturm junger Männer. Merkel sagte, es werde darüber noch Gespräche innerhalb der Bundesregierung geben. Ob am 1. Juli der letzte Wehrpflichtige eingezogen wird oder ob dann schon der letzte seinen Dienst beendet, blieb noch offen. Derzeit dauert der Wehrdienst sechs Monate.
Neuer Freiwilligendienst
Der bisherige Wehrdienst soll durch einen 12- bis 23-monatigen Freiwilligendienst für Frauen und Männer ersetzt werden. Guttenberg erwartet, dass 7.500 bis 15.000 junge Leute dafür gewonnen werden können. Um den Dienst attraktiv zu gestalten, sollen Berufsförderung, Ausbildungshilfen und eine Probezeit von sechs Monaten geboten werden.
Guttenberg will auch die Führungsstrukturen der Bundeswehr straffen. Zur Standortfrage äußerte er sich noch nicht konkret. Die Entscheidungen darüber sollen frühestens Mitte nächsten Jahres fallen. Detaillierte Pläne wird Guttenberg Ende Januar oder Anfang Februar vorlegen. Der Reformprozess wird voraussichtlich fünf bis acht Jahre dauern.