Brian Wood: Wenn die Liebe über das Leben siegt

Brian Wood: Wenn die Liebe über das Leben siegt
"Wenn wir das Auto frontal getroffen hätten, wären wir jetzt alle tot." Was Erin Wood in Whidbey Island im amerikanischen Bundesstaat Washington erlebt hat, gehört vielleicht zu den schrecklichsten Dingen, die einem im Leben passieren können.
16.09.2010
Von Hanno Terbuyken

Erin, im siebten Monat schwanger, und ihr Mann Brian waren im Auto unterwegs nach Hause, als ein Auto – ein schwerer Chevrolet Blazer – von der anderen Straßenseite abkam. Im Bruchteil einer Sekunde stieg Brian Wood in die Bremsen und drehte dem heranrasenden Geländewagen die Fahrerseite zu. Der Chevy Blazer traf ungebremst auf das Auto von Woods und seiner Frau, überrollte das kleinere Fahrzeug, überschlug sich und blieb kopfüber auf der Straße liegen.

Brian Wood, von Beruf Videospiel-Designer bei Relic Entertainment, überlebte den Unfall nicht, seine schwangere Frau kam mit einer Kopfverletzung und dem Leben davon. "Brian bremste in der letzten Sekunde richtig hart und drehte das Auto so, dass er im Weg des SUV war und nicht ich und das Baby. Das ist das einzige, was uns gerettet hat", berichtete Erin Wood der kanadischen Zeitung The Province.

"Ich wusste gleich, dass er von uns gegangen war"

Die 21-jährige Fahrerin des gegnerischen SUV-Geländewagens steht inzwischen wegen dreifachem Totschlag vor Gericht. Bei dem Unfall starb nicht nur Brian Wood: Auch zwei der Mitfahrer in dem Chevrolet Blazer kamen ums Leben. Nur eine der vier jungen Männer und Frauen in dem Wagen war angeschnallt, die Polizei in Washington fand laut einem Fernsehbericht von NBC zudem Spuren von Marihuana, Kokain und Heroin in dem Unfallwagen. Auch der Grund für den Unfall ist haarsträubend: Die 21-jährige Fahrerin wollte während der Fahrt ihren Pullover ausziehen und hatte deshalb das Lenkrad kurz an ihre Beifahrerin übergeben. Das schwere Fahrzeug geriet ins Schleudern und knallte außer Kontrolle gegen das Auto von Brian und Erin Wood.

"Ich wusste gleich, dass er von uns gegangen war, denn niemand hat sich um ihn gekümmert", beschreibt Erin Wood im Interview mit NBC den Unfall: "Es war eine bewusste Wahl, die er getroffen hat, sich selbst zu opfern, um mich und das Baby zu retten." Die Fernsehkamera ist unbarmherzig und fängt die Emotionen Erins ungefiltert ein - ein verstörender und zugleich anrührender Anblick. (Wer das englischsprachige Interview selbst sehen möchte: Es ist hier zu finden.)

Es ist dieser Gedanke, der Erin Wood aufrecht hält, und die Freude auf die Geburt des gemeinsamen Kindes im November. "The ultimate sacrifice", das größtmögliche Opfer, nennen es die Amerikaner: Das eigene Leben geben, um ein anderes zu retten. "Kein tierisches Wesen wünscht unterzugehn", schrieb der Begründer der wissenschaftlichen Psychologie, Wilhelm Wundt, schon 1874, "sondern sich gegenüber den zahllosen Angriffen von außen zu behaupten und zu erhalten." Diesen Impuls konnte Brian Wood überwinden, in einem Akt der Nächstenliebe, der uns nur staunend zurücklassen kann.

"Er war ein wahres Geschenk"

Im Johannes-Evangelium heißt es: "Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde" (Joh. 15; 13). Das ist keine Forderung, die an uns gestellt wird, denn es wäre eine unerfüllbare Forderung. Und trotzdem gibt es Menschen wie Brian Wood, die das Liebesgebot Jesu selbstlos und selbstverständlich auf eine Weise erfüllen, die unsere Herzen mit Respekt und Bewunderung füllt. Es ist dennoch eine große Tragödie für die Familie und zugleich eine Mahnung: Der Tod des Ehemannes und werdenden Vaters war verhinderbar.

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Auch in Deutschland übrigens spielt Alkohol nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei schweren Verkehrsunfällen eine wesentliche Rolle. Obwohl die Zahl der Verkehrstoten von Jahr zu Jahr sinkt, starben auch hierzulande 2009 noch 4.152 Menschen im Straßenverkehr - 4.152 Tragödien, die meisten davon verhinderbar.

Sie alle hatten keinen Brian Wood, der sich in letzter Sekunde für sie aufopferte. Aber auch die selbstlose Ausnahme-Reaktion von Wood kann die Trauer der Familie nicht verhindern: "Ich weiß noch nicht, wie ich den Rest meines Lebens ohne ihn leben soll. Er war ein wahres Geschenk", sagt Brian Woods Frau Erin. "Ich würde alles geben, um meinen Mann noch einmal umarmen zu können."


Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de, zuständig für die Ressorts Gesellschaft und Umwelt + Wissen, und schreibt das Blog "Angezockt".