Ihre Partei werde eine Sondersitzung des zuständigen Umweltausschusses im Bundestag beantragen, um die Veröffentlichung zu erzwingen, sagte die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn der Deutschen Presse-Agentur. "Es kann nicht sein, dass Nebenabsprachen bei der Laufzeitverlängerung im Halbdunkeln bleiben und man die heiklen Sachen ganz unter den Tisch fallen lässt."
"Für eine offene Demokratie unhaltbarer Zustand"
Die Frage sei, ob sich die Regierung zu irgendetwas gegenüber den Atomkonzernen verpflichtet habe, also beispielsweise bei den Sicherheitsnachrüstungen für ältere Atomkraftwerke oder dass man die vorrangige Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien einschränken will. "Wenn in dem Vertrag nur unproblematische Sachen drin stehen, warum verheimlicht die Bundesregierung dann diesen Vertrag", fragte Höhn. "Das ganze riecht unangenehm nach Kungelei."
"Wir alle haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie und wie stark die vier großen Energiekonzerne Einfluss auf die Atomverhandlungen in Regierung und Koalition nehmen konnten", heißt es auch in einem Brief des geschäftsführenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Joachim Poß an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), aus dem die Süddeutsche Zeitung (Donnerstag) zitiert. Darin bezeichnet Poß die Geheimhaltung als einen "für eine offene Demokratie unhaltbarer Zustand". Es sei "unabdingbar", den Vertrag öffentlich zugänglich zu machen.
"Schmutziger Deal"
Zuvor hatten bereits die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin Merkel die Forderung nach einer Veröffentlichung der kurz nach dem Durchbruch im Kanzleramt unterzeichneten Vereinbarung in einem Schreiben mitgeteilt. Beide zeigten sich am Rand einer Grünen-Fraktionsklausur empört.
RWE-Vorstand Rolf Martin Schmitz hatte erklärt, die Vereinbarung sei um 5.23 Uhr morgens paraphiert worden. "Es hat einen schmutzigen Deal gegeben", sagte Künast. Trittin sprach von einem "Kniefall vor den vier großen Energieunternehmen". Bereits während des Treffens im Kanzleramt, wo durchschnittlich zwölf Jahre längere Atomlaufzeiten beschlossen worden waren, hatte sich Merkel in einer Telefonschalte mit den Chefs von RWE, Eon, EnBW und Vattenfall über den schwarz- gelben Atomkompromiss beraten.
Dies sei rechtlich notwendig gewesen, hieß es. Die Topmanager hätten in dem Gespräch dann verbindlich zugesagt, dass die Versorger zusätzlich zur neuen Atomsteuer zwischen 2011 und 2016 einen freiwilligen Beitrag in einen Öko-Fonds einzahlen.
Unions-Politiker für Korrekturen an Energiekonzept
Nach der Kritik von Kommunen und der Opposition am Energiekonzept der Bundesregierung gibt es nun auch kritische Stimmen in der Unions-Fraktion. "Das Konzept muss mehr Gewicht auf Verkehr und Klimaschutz legen", sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Andreas Jung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag).
Die Ausbauziele bei Elektroautos seien nicht ambitioniert genug. Das von der schwarz-gelben Koalition für 2030 angestrebte Ziel von fünf Millionen Elektroautos werde laut wissenschaftlicher Gutachten auch ohne jedes weitere Zutun erreicht. Selbst die Wissenschaftler, die die Energieszenarien für die Regierung berechnet hatten, hielten 6,4 Millionen Autos mit Elektroantrieb im Jahr 2030 für realistisch.
"Das ist das Mindeste, was wir erreichen sollten", sagte Jung, der in der Unionsfraktion für Elektromobilität zuständig ist. "Das Energiekonzept muss ergänzt werden." Die Förderung der E-Autoforschung von 500 Millionen Euro müsse für die Jahre 2012 und 2013 verlängert werden. Die Begrenzung der Steuerbefreiung auf fünf Jahre für E-Autos müsse aufgehoben und die Steuer auf elektrisch betriebene Dienstwagen gesenkt werden.
Zuvor hatte bereits der Unions-Obmann im Umweltausschuss, Josef Göppel (CSU), den im Energiekonzept enthaltenen Atom-Kompromiss kritisiert. Er will angesichts von 12 Jahre längeren Laufzeiten im Atomgesetz eine regelmäßige Überprüfung festschreiben lassen. Damit solle immer wieder geprüft werden, ob längere Laufzeiten weiterhin notwendig seien. Göppel hat einen entsprechenden Antrag bei seiner Bundestagsfraktion gestellt.
Die Kontrolle sei notwendig für den Fall, dass sich die Zunahme erneuerbarer Energie schneller vollziehe. "Wenn man die These von der Brückentechnologie ernst nimmt, kann man keine festen Kernkraft- Laufzeiten festlegen, sondern muss sie abhängig machen vom Aufwuchs der erneuerbaren Energien", forderte Göppel.