Regierung und SPD kritisieren Sarrazin

Regierung und SPD kritisieren Sarrazin
Es ist wieder so weit: Thilo Sarrazin bringt Freund wie Feind gegen sich auf. Andrea Nahles spart nicht mit Kritik und wünscht sich den Parteiaustritt des "unterbeschäftigen Bundesbankers".

Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin ist wegen seiner Äußerungen über mangelnde Integrationsbereitschaft von Ausländern in die Kritik geraten. Sowohl die Bundesregierung als auch Sarrazins Partei, die SPD, grenzten sich am Mittwoch in scharfer Form von dem früheren Berliner Finanzsenator ab. Die Grünen forderten, den 65-Jährigen von seinem Vorstandsposten abzuberufen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin wegen dessen Äußerungen über mangelnde Integrationsbereitschaft von Ausländern vorgeworfen, den Namen der SPD zu missbrauchen. "Sarrazin ist ein unterbeschäftigter Bundesbanker mit ausgeprägter Profilneurose", sagte Nahles dem "Hamburger Abendblatt" (Donnerstag). "Das allein wäre noch nicht bemerkenswert, aber er missbraucht den Namen der SPD." Wer einzelne Bevölkerungsgruppen pauschal verächtlich mache und gegeneinander aufbringe, treibe ein perfides, vergiftetes Spiel mit Ängsten und Vorurteilen und habe mit den Werten und Überzeugungen der SPD rein gar nichts mehr zu tun, sagte Nahles.

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte "Handelsblatt Online", Sarrazins Abberufung sei überfällig. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, er würde sich schämen, wenn ein Mitglied seiner Partei solche Äußerungen von sich gäbe. "Das ist ein Problem, und darüber muss Herr Weber nachdenken." Allerdings habe Axel Weber, der Präsident der Bundesbank, hier nur einen begrenzten Handlungsspielraum. Sarrazin hatte schon früher mit ähnlichen Äußerungen für Unmut der Bundesbanker gesorgt.

Der Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD) räumte ein: "Die Probleme, die er benennt, die gibt es, keine Frage. Wir haben Parallelgesellschaften, wir haben Bildungsferne, wir haben Menschen, die sich im Sozialsystem eingerichtet haben, und wir haben Menschen, die das Sozialsystem als Lebensgrundlage benutzen und, Scheiß Deutsche sagen", sagte Buschkowsky im Deutschlandradio Kultur. Dies jedoch "als eine Art Marke allen Zuwanderern anzukleben", halte er für falsch. Eine Volkspartei wie die SPD müsse aber unbequeme und auch lästige Meinungen in sich dulden.

Das Berliner Haus der Kulturen der Welt will eine Diskussion mit Sarrazin absagen, wenn dabei keine politische Gegenstimme zu Wort kommt. Das Haus teilte am Mittwoch mit, Sarrazin und sein Verlag hätten die Einladung eines kritischen Gesprächspartners abgelehnt. "Bleibt es bei dieser Haltung, wird die Veranstaltung bei uns nicht stattfinden", sagte Intendant Bernd M. Scherer. Die Deutsche Verlags- Anstalt (DVA) widersprach der Darstellung. Das Literaturfestival Berlin habe mit dem Verlag vereinbart, dass die Veranstaltung eine Buchpräsentation mit einem moderierten Gespräch werde.

dpa